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Facility Management: Arbeitsschutz » Konzept
Betriebskonzept für Arbeits- und Gesundheitsschutz im Facility Management
Facility Management umfasst alle Dienstleistungen, die den Betrieb und Werterhalt von Immobilien und Anlagen sicherstellen. Dazu gehört insbesondere das Technische FM, welches sich auf gebäudetechnische Anlagen (TGA) und Sicherheitssysteme konzentriert. Arbeits- und Gesundheitsschutz (Occupational Health, Safety & Environment – EHS) muss integraler Bestandteil des FM sein. Gemäß §1 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) ist der Arbeitgeber verpflichtet, „Sicherheit und Gesundheitsschutz der Beschäftigten […] zu sichern und zu verbessern“.
Ein zentrales Prinzip des Arbeitsschutzes ist es, Gefahren „an ihrer Quelle zu bekämpfen“ (ArbSchG §4 Nr. 2). Das bedeutet, bei der Auswahl von Schutzmaßnahmen haben immer technische und organisatorische Lösungen Vorrang vor persönlicher Schutzausrüstung. FM-Abteilungen sind gefordert, dieses Prinzip praktisch umzusetzen, indem Gefährdungen möglichst direkt am Entstehungsort eliminiert oder minimiert werden. Entsprechend weist auch die europäische FM-Norm DIN EN 15221-4 den Arbeits- und Gesundheitsschutz als eigenständige Leistungsgruppe aus: HSSE (Health, Safety, Security & Environment) ist dort als Produktkategorie 2110 „Gesundheit und Arbeitssicherheit“ verankert. Dies unterstreicht, dass FM-Aufgaben untrennbar mit Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz verbunden sind.
Konkrete Hilfsmittel wie Standard-Prozessbeschreibungen, SOPs, Formblätter und Checklisten unterstützen die praktische Anwendung. Gleichzeitig ist das Konzept wissenschaftlich fundiert und referenziert aktuelle Normen und Gesetze. So formuliert das ArbSchG als Ziel, „Sicherheit und Gesundheitsschutz der Beschäftigten … zu sichern und zu verbessern“ – dieses Ziel wird operationalisiert. ISO 41001 wiederum definiert Anforderungen an ein FM-System über alle Organisationsgrößen hinweg, was im Konzept durch ein integriertes Managementhandbuch realisiert wurde. Das Regelwerk im Bereich Sicherheit/Gesundheit umfasst EU-Vorgaben wie REACH/CLP und nationales Recht (ArbSchG, ChemG, GefStoffV, BetrSichV); all dies ist im Rechtskataster berücksichtigt. Sogar FM-spezifische Normen nehmen HSSE explizit als Teil des Leistungsspektrums auf (DIN EN 15221-4, Produkt 2110). Branchenrichtlinien wie VDI 3810 geben praxisnahe Empfehlungen für den sicheren Betrieb von TGA-Anlagen. Und das ASiG verpflichtet zur Bestellung von Betriebsarzt und Sicherheitsingenieur – auch dem wird hier Rechnung getragen. Diese wenigen Beispiele aus den vielen referenzierten Quellen zeigen, wie umfangreich und doch konsistent der Rahmen ist, in dem sich unser Betriebskonzept bewegt.
Entscheidend ist letztlich die Umsetzung: Nur wenn Führungskräfte und Mitarbeiter das Konzept akzeptieren und leben, erfüllt es seinen Zweck. Daher wurde großer Wert gelegt auf Schulung, Kommunikation und Beteiligung. Im Ergebnis steht ein sicherer, gesundheitsförderlicher Betrieb, der nicht nur Gesetze erfüllt, sondern auch die Grundlage für Zufriedenheit und Produktivität der Belegschaft legt. Die Botschaft lautet: Arbeitsschutz ist kein „Add-on“, sondern integraler Bestandteil des Facility Managements – von der Gebäudereinigung bis zur Produktionsanlage – und mit einem solchen ganzheitlichen Betriebskonzept wird dies Realität.
- Rechts
- Verantwortung
- EHS-orientierten
- Gefährdungsbeurteilung
- Unterweisungs
- Permit
- Fremdfirmenmanagement
- Unfallmanagement
- Gefahrstoffmanagement
- Arbeitsstätten
- Betrieb
- Explosionsschutz
- Notfall
- Digitalisierung
- Steuerung
- Wirtschaftlichkeit
- Implementierungsfahrplan
- Fallbeispiele
- Risiken
Rechts- und Normenrahmen
EU-Richtlinien und nationale Gesetze: Die Grundlage des betrieblichen Arbeitsschutzes bildet die EU-Rahmenrichtlinie 89/391/EWG, die in Deutschland durch das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) umgesetzt wurde. Das ArbSchG definiert allgemeine Pflichten des Arbeitgebers (Gefährdungsbeurteilungen, Unterweisungen etc.) und Grundsätze wie den genannten Vorrang technischer Maßnahmen.
Ergänzend bestehen spezielle Verordnungen, etwa:
Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV): Regelt die sichere Bereitstellung und Benutzung von Arbeitsmitteln und den Betrieb überwachungsbedürftiger Anlagen. Technische Regeln für Betriebssicherheit (TRBS) konkretisieren Details (z.B. Prüffristen, Qualifikation befähigter Personen).
Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV): Stellt Anforderungen an die Einrichtung und den Betrieb von Arbeitsstätten (Raumklima, Beleuchtung, Fluchtwege etc.), ergänzt durch Arbeitsstätten-Regeln (ASR) als anerkannte Regeln der Technik für z.B. Flächenbemessung, Lüftung, Lärmschutz.
Gefahrstoffverordnung (GefStoffV): Regelt den Umgang mit gefährlichen Stoffen und Gemischen, einschließlich Lagerung, Kennzeichnung und Erstellung von Gefährdungsbeurteilungen für Tätigkeiten mit Gefahrstoffen. Technische Regeln für Gefahrstoffe (TRGS) geben dazu praxisnahe Anleitungen (z.B. TRGS 510 Lagerung oder TRGS 400 Gefährdungsbeurteilung bei Gefahrstoffen).
DGUV-Vorschriften und Unfallverhütungsvorschriften: Die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung erlässt Unfallverhütungsvorschriften (UVVen) mit branchenspezifischen Regeln, die Unternehmen verbindlich umsetzen müssen (z.B. DGUV V3 elektrische Anlagen und Betriebsmittel, DGUV V1 Grundsätze Prävention). Dazu kommen DGUV-Regeln und -Informationen als Hilfestellungen (z.B. DGUV Regel 100-001 zur Unfallanzeige und -Untersuchung).
Zusätzlich zum ArbSchG sind zahlreiche spezielle Gesetze einschlägig, z.B. das Chemikaliengesetz (ChemG) oder das Geräte- und Produktsicherheitsgesetz (ProdSG) – letztere insbesondere für Hersteller/Importeure, aber mit Auswirkungen auf Betreiber (bei Änderung von Anlagen verliert CE-Konformität ggf. Gültigkeit). Insgesamt besteht ein engmaschiges Regelwerk aus EU-Verordnungen und nationalen Gesetzen/Verordnungen, flankiert von technischen Regeln und Unfallverhütungsvorschriften. So müssen Unternehmen gleichzeitig die Vorgaben von REACH und CLP (EU-Chemikalienverordnungen), ArbSchG und ChemG (Gesetze) sowie GefStoffV und BetrSichV (Verordnungen) erfüllen. Ein Rechtskataster erfasst alle einschlägigen Vorschriften und Normen und ordnet sie konkreten Betreiberpflichten zu. Dieses wird regelmäßig aktualisiert, da laufende Gesetzesänderungen (z.B. neue Gefahrstoff-Grenzwerte, Novellen von Verordnungen) prompt berücksichtigt werden müssen.
Technische Normen und Regeln
Die Einhaltung von Normen ist zwar oft nicht gesetzlich zwingend vorgeschrieben, aber Stand der Technik und anerkannte Normen dienen als Maßstab für sichere und ordnungsgemäße Betriebsführung.
Wichtige Normen im Kontext FM und Arbeitsschutz sind u.a.:
DIN EN 15221-Reihe (Facility Management): Teil 4 dieser Reihe liefert eine Taxonomie der FM-Leistungen und nennt „Gesundheit und Arbeitssicherheit“ (2110) explizit als FM-Produktkategorie. Teil 6 (DIN EN 15221-6) enthält zudem Standards zur Flächenbemessung im FM (wichtig z.B. für ergonomische Arbeitsplatzauslegung). Die Nachfolgenorm ISO 41001 (s.o.) ist 2018 erschienen und legt global gültige Anforderungen an FM-Managementsysteme fest.
DIN EN ISO 45001 (Arbeitsschutzmanagementsystem): Internationale Norm für Arbeits- und Gesundheitsschutz-Management, die auf dem PDCA-Zyklus basiert. Sie fordert eine systematische Integration von Arbeitsschutz in alle betrieblichen Prozesse und eine Führungskultur, die EHS als festen Bestandteil der Unternehmensstrategie verankert. Für unser Konzept bedeutet dies die Verknüpfung des FM-Systems mit dem Arbeitsschutzsystem zu einem integrierten Managementsystem.
VDI-Richtlinien: Diese vom Verein Deutscher Ingenieure herausgegebenen Regeln bieten praxisnahe Anleitungen. Besonders relevant: VDI 3810 „Betreiben und Instandhalten von gebäudetechnischen Anlagen“, die Empfehlungen für den „sicheren, bestimmungsgemäßen, bedarfsgerechten, nachhaltigen Betrieb“ aller TGA-Anlagen gibt. Sie beschreibt Voraussetzungen zur Wahrnehmung der Betreiberpflichten, Maßnahmen zur Betriebssicherheit, Wirtschaftlichkeit und Umweltverträglichkeit im technischen Betrieb. Ebenso wichtig ist VDI 6022 für Lüftungs- und Klimaanlagen: Sie definiert Hygieneanforderungen und Wartungsstandards für Raumlufttechnik in allen Aufenthaltsräumen – in Zeiten von Pandemien (z.B. COVID-19) ein kritischer Aspekt. Weitere VDI-Regeln: VDI 2050/2060 für ergonomische Arbeitsplatzgestaltung, VDI 6000er-Reihe für Sanitär- und Hygiene in Gebäuden etc.
Instandhaltungsnormen: DIN 31051 (Grundlagen der Instandhaltung) und DIN EN 13306 (Instandhaltung – Begriffe) liefern ein gemeinsames Begriffsgerüst für Wartung, Inspektion, Instandsetzung und Verbesserung. Diese Normen helfen, Instandhaltungsstrategien konsistent zu planen (z.B. vorausschauende Wartung vs. reaktive Reparaturen) und Begriffe wie „präventiv“, „predictive“ etc. klar zu definieren. Sie werden in unserem Konzept herangezogen, um die Wartungsplanung im FM abzustimmen und an die Arbeitsschutzanforderungen (Prüfpflichten, sichere Instandhaltung) zu koppeln.
Branchenspezifische Regeln: Je nach Branche/Standort können weitere Normen relevant sein (z.B. VDI 5200ff. für Logistik, Lebensmittelhygiene-Verordnungen in der Produktion, Strahlenschutzverordnung bei radioaktiven Materialien, etc.). Diese sind im Konzept jeweils an den passenden Stellen zu berücksichtigen.
Alle relevanten Normen, Richtlinien und Vorschriften sind im Anhang A1 in Tabellenform aufgeführt und den Handlungsfeldern zugeordnet (z.B. „Prüfung Aufzüge: BetrSichV Anhang 1, TRBS 3121; Prüffristen siehe BetrSichV §15“ usw.). Dadurch wird sichergestellt, dass der Betreiber jederzeit nachvollziehen kann, welche Compliance-Pflichten für welche Anlage oder Tätigkeit gelten und wo sie geregelt sind.
Governance: Rollen, Verantwortung und Organisation
In einem großen, standortübergreifenden Unternehmen muss die Governance-Struktur klar festgelegt sein, um Arbeits- und Gesundheitsschutz wirksam umzusetzen. Im hybriden FM-Modell verbleibt die Betreiberverantwortung stets beim Unternehmen selbst – sie kann delegiert, aber nicht abgewälzt werden.
Übliche Rollen und Verantwortlichkeiten in unserem Betriebskonzept sind:
Unternehmensleitung (Arbeitgeber): Trägt die Gesamtverantwortung für Arbeitsschutz und Gesundheitsschutz. Sie muss für eine geeignete Organisation und ausreichende Ressourcen sorgen, um den gesetzlichen Pflichten nachzukommen. Dazu zählt insbesondere die Bestellung von notwendigen Funktionsträgern (Sicherheitsfachkraft, Betriebsarzt, Brandschutzbeauftragter etc.) und die Bereitstellung finanzieller Mittel für Arbeitsschutzmaßnahmen. Die Unternehmensleitung hat außerdem eine Vorbildfunktion in der Sicherheitskultur.
FM-Leitung / EHS-Manager: Die Leitung der FM-Abteilung (ggf. in Personalunion mit einem EHS-Manager) übernimmt die operative Verantwortlichkeit für die Umsetzung der Arbeitsschutzvorgaben im Gebäudebetrieb. Sie koordiniert die Gefährdungsbeurteilungen, Wartungs- und Prüfpläne, Unterweisungen und Notfallübungen. In der Governance-Matrix ist die FM-Leitung oft in R-Verantwortung (Responsible) für viele Prozesse, d.h. federführend für Planung und Durchführung zuständig. Sie berichtet regelmäßig an die Geschäftsführung (A-Verantwortung = Accountable) über den Stand von Arbeitsschutz und FM.
Fachkraft für Arbeitssicherheit (SiFa): Gemäß Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG) ist jedes Unternehmen verpflichtet, eine oder mehrere Sicherheitsfachkräfte zu bestellen. Die SiFa berät den Arbeitgeber in allen Fragen des Arbeitsschutzes und der Unfallverhütung weisungsfrei hinsichtlich ihrer Fachkunde. Sie führt Begehungen durch, unterstützt bei Gefährdungsbeurteilungen, erarbeitet Sicherheitsstandards und kontrolliert die Wirksamkeit von Maßnahmen. In der RACI-Matrix hat die SiFa häufig C = Consulted-Status (muss angehört werden) bzw. ist als Unterstützer eingebunden.
Betriebsarzt: Ebenfalls nach ASiG vorgeschrieben, berät der Betriebsarzt das Unternehmen in arbeitsmedizinischen Belangen und führt die gesetzlich erforderlichen Vorsorgeuntersuchungen durch. Auch der Betriebsarzt ist weisungsunabhängig tätig. Er wirkt z.B. bei der Gestaltung von Arbeitsplätzen (Ergonomie, Klimabedingungen) mit und spielt eine Schlüsselrolle beim Gesundheitsschutz (z.B. Rückenschulungen, Impfangebote, Wiedereingliederungsmanagement).
Brandschutz- und Notfallbeauftragte: Für jeden Standort ist ein Brandschutzbeauftragter zu benennen (vgl. vfdb-Richtlinie 12-09/01) – in der Regel übernimmt dies jemand aus dem FM-Team mit entsprechender Fortbildung. Er erstellt Brandschutzordnungen, organisiert Feuerlöscher-Prüfungen und Evakuierungsübungen. Daneben können Evakuierungshelfer und Ersthelfer (Anzahl nach DGUV-Vorgaben abhängig von Mitarbeiterzahl) benannt werden. Ein Notfallbeauftragter oder Krisenstab-Koordinator kümmert sich um Notfall- und Krisenmanagementpläne (siehe unten).
Fachbereiche / Abteilungsleiter: Die einzelnen Betriebs- und Fachabteilungen (Produktion, Lager, Verwaltung etc.) tragen Mitverantwortung, indem sie die Arbeitsschutzvorgaben im Tagesgeschäft umsetzen. Ihre Führungskräfte müssen dafür sorgen, dass Mitarbeiter Unterweisungen besuchen, PSA tragen, Sicherheitsanweisungen befolgen und Mängel melden. In vielen Prozessen sind Fachvorgesetzte diejenigen, die konkrete Maßnahmen veranlassen (z.B. Maschinen abstellen lassen bei Gefahr) – daher sind sie im RACI oft als Responsible oder zumindest Accountable für die Sicherheit in ihrem Bereich definiert.
Externe Dienstleister (Contractors): Fremdfirmen werden für Wartung, Reinigung, Bauarbeiten etc. eingesetzt. Trotz Vergabe bleibt der Auftraggeber (Betreiber) verantwortlich, muss also vertraglich und organisatorisch sicherstellen, dass auch Fremdfirmen die Arbeitsschutzregeln einhalten. Dazu dienen Pflichtenübertragungen (schriftliche Dokumente, die z.B. einer Wartungsfirma bestimmte Betreiberpflichten in einem abgegrenzten Umfang übertragen), Eignungsprüfungen vor Auftragsvergabe (Überprüfung von Qualifikationen, Zertifikaten, Referenzen der Firma in Sachen Arbeitsschutz) und konsequente Einweisung der Fremdmitarbeiter vor Ort (§12 ArbSchG Unterweisungspflicht). Das Konzept enthält einen standardisierten Prozess „Fremdfirmenmanagement“ (siehe weiter unten), um Schnittstellenrisiken zu minimieren.
Eine klare Darstellung, wer wofür verantwortlich ist, erfolgt über eine RACI-Matrix (Responsible, Accountable, Consulted, Informed) für alle Hauptprozesse im Anhang A9.
Beispielsweise könnte ein Ausschnitt so aussehen:
| Prozess / Aufgabe | Betreiber (GF) | FM-Leiter | Betriebsarzt | SiFa | Fachbereich (BL) | Externe DL |
|---|---|---|---|---|---|---|
| Gefährdungsbeurteilung durchführen | A (trägt Gesamtverantw.) | R (koordiniert, erstellt) | C (medizin. Beratung) | C (Sicherheitsexpertise) | I (ergibt Input zu Abläufen) | – |
| Unterweisungen planen & durchführen | A | R (organisiert, dokumentiert) | C (Inhalte zu Gesundheit) | C (Inhalte zu Sicherheit) | I (stellt Teilnahme sicher) | I (bei Fremdfirmen) |
| Fremdfirmen-Einsatz genehmigen (Permit) | A | R (vergibt Arbeitserlaubnis) | – | C (Sicherheitsauflagen) | I (Bereich informiert) | R (führt sicher aus) |
| … | ... | ... | ... | ... | ... | ... |
Beispielhafter Auszug aus der RACI-Matrix (A=verantwortlich „Accountable“, R=durchführend „Responsible“, C=konsultiert, I=zu informieren).
Diese Matrix wird im Unternehmen kommuniziert, damit jeder seine Rolle kennt. Besonders wichtig: Die Weisungsfreiheit der SiFa und des Betriebsarztes (ASiG) bleibt stets gewahrt – sie sind zwar in Prozesse eingebunden, unterstehen aber fachlich keiner Leitung im Betrieb, sondern nur dem Gesetz. Ein enger Schulterschluss zwischen FM-Leitung, Arbeitsschutzexperten und Betriebsrat ist zudem empfehlenswert, um Maßnahmen abgestimmt umzusetzen.
Organisationsstruktur: Das Betriebskonzept empfiehlt die Einrichtung eines Arbeitsschutzausschusses (ASA) gem. §11 ASiG. Dort treffen sich regelmäßig (vierteljährlich) Vertreter der Unternehmensleitung, der FM/EHS-Abteilung, Betriebsarzt, SiFa und Betriebsrat, um Arbeitsschutzthemen zu besprechen. So wird bereichsübergreifend Transparenz geschaffen und Probleme früh erkannt. Zudem sollte im FM-Bereich ein zentrales EHS-Management-Handbuch geführt werden, in dem alle Prozesse, Zuständigkeiten und Dokumente (z.B. Vorlagen für Gefährdungsbeurteilungen, Checklisten) beschrieben sind. Dieses Handbuch – digital als Wiki oder PDF – bildet das Rückgrat des integrierten Managementsystems und dient auch neuen Mitarbeitern oder Auditoren als Orientierung.
Gefährdungsbeurteilung (GBU)
Die Gefährdungsbeurteilung nach §5 ArbSchG ist das zentrale Instrument, um Risiken am Arbeitsplatz systematisch zu ermitteln und geeignete Schutzmaßnahmen abzuleiten. Im FM-Kontext müssen Gefährdungsbeurteilungen sowohl für regelmäßige Betriebsabläufe (z.B. Betrieb einer Anlage, Instandhaltungsarbeiten) als auch für temporäre Tätigkeiten (z.B. Umbauprojekte, Events auf dem Gelände) durchgeführt werden.
Vorgehen: Alle Arbeitsbereiche und Tätigkeiten werden zunächst erfasst und in sinnvolle Beurteilungseinheiten gegliedert. Für jede Einheit bewertet ein interdisziplinäres Team (Fachbereich, SiFa, evtl. Betriebsarzt) die auftretenden Gefährdungen – physikalisch (z.B. Lärm, Hitze, Gefahr durch Maschinen), chemisch (Umgang mit Gefahrstoffen), biologisch (Schimmel, Pandemie) und psychisch (Arbeitsdruck, Monotonie) – hinsichtlich Eintrittswahrscheinlichkeit und Schadensausmaß. Üblich ist eine Risikomatrix, z.B.:
Beispiel-Risikomatrix (Anhang A2):
| Schadensausmaß → | gering (Sachschaden, leichte Verletzung) | ernst (schwere Verletzung, vorübergehende Erkrankung) | schwer (Tödlich, dauerhafte Gesundheitsschäden) |
|---|---|---|---|
| Wahrscheinlichkeit ↓ |
|
|
|
| selten (≤ 1×/10 J.) | niedriges Risiko | mittleres Risiko | hohes Risiko |
| gelegentlich (1×/J.) | mittleres Risiko | hohes Risiko | sehr hohes Risiko |
| häufig (täglich/wö.) | hohes Risiko | sehr hohes Risiko | nicht tolerierbar |
Je nach Risk Level sind Fristen für Maßnahmen definiert (sofort bei sehr hohem Risiko; zeitnah bei hohem, etc.). Als Maßnahmenhierarchie gilt: Eliminieren → Substituieren → Technische Maßnahmen → Organisatorische Maßnahmen → Persönliche Schutzausrüstung (PSA). Beispielsweise: Kann ein gefährlicher Stoff durch einen weniger gefährlichen ersetzt werden (Substitution nach TRGS 600)? Lässt sich die Gefahrenstelle baulich absichern (technisch)? Können Abläufe geändert werden, um Exposition zu vermeiden (organisatorisch)? PSA kommt zuletzt, wenn Restrisiken verbleiben.
Die Gefährdungsbeurteilungen werden dokumentiert und von der Unternehmensleitung freigegeben. Wichtig ist die fortlaufende Aktualisierung: Bei jeder Veränderung (neue Maschine, Prozessänderung, Erkenntnisse aus Unfällen) ist die GBU zu überprüfen und ggf. anzupassen. Zudem schreibt das ArbSchG vor, dass Wirksamkeitskontrollen erfolgen: D.h. nach Umsetzung von Maßnahmen wird geprüft, ob das Risiko tatsächlich gesenkt wurde. Dies kann z.B. durch Messungen (Lärmpegel, Luftschadstoffe) oder Feedback der Mitarbeiter geschehen. Das Konzept stellt hierfür Formblätter bereit und verankert in der FM-Software einen Workflow, der regelmäßige Reviews der GBU (mindestens jährlich, besser kontinuierlich) einfordert.
Besondere Themen in der GBU:
Psychische Belastungen: Seit 2013 müssen auch psychosoziale Risiken betrachtet werden. Das Konzept schlägt vor, anonyme Mitarbeiterbefragungen oder etablierte Verfahren (z.B. COPSOQ) einzusetzen, um Faktoren wie Arbeitsverdichtung, Informationsfluss, Führungsverhalten etc. zu beurteilen. Maßnahmen können hier von Trainings für Führungskräfte bis zur Verbesserung der Work-Life-Balance reichen.
Gefahrstoffe: Hier ist die GBU mit dem Gefahrstoffverzeichnis (siehe unten) verzahnt. Expositionsabschätzungen, Arbeitsplatzgrenzwerte (AGW) und besondere Schutzmaßnahmen (Lüftung, Abzüge, Ersatzstoffe) fließen mit ein.
Besondere Arbeitsplätze: Bildschirmarbeitsplätze (vgl. Verordnung und ASR A6.1), Home-Office (eigene Gefährdungsbeurteilung notwendig, z.B. Checkliste für ergonomische Einrichtung, Beleuchtung im Homeoffice), Baustellen (hier gilt Baustellenverordnung und der SiGe-Plan) etc. – all diese werden berücksichtigt.
Unterweisungs- und Qualifikationsmanagement
Gemäß ArbSchG §12 und DGUV-Vorschrift 1 sind Unterweisungen der Beschäftigten über Sicherheit und Gesundheitsschutz mindestens jährlich, bei bestimmten Themen auch häufiger, Pflicht. Dieses Konzept etabliert ein Schulungsmanagement-System für alle Mitarbeiter inkl. Führungskräfte und Fremdpersonal.
Kernpunkte:
Unterweisungsplan: Eine Matrix (Anhang A8) listet für jede Zielgruppe (z.B. Alle Mitarbeiter, Elektrofachkräfte, Büropersonal, Staplerfahrer, Fremdfirmen-Mitarbeiter etc.) die erforderlichen Unterweisungen auf, die Frequenz (z.B. jährlich, halbjährlich, einmalig bei Einstellung) und das Format. Standardunterweisungen sind z.B.: Allgemeine Sicherheitsunterweisung, Brandschutzunterweisung, Ersthelfer-Unterweisung, Datenschutz/IT-Security (bei digitaler Arbeit relevant), ergonomisches Arbeiten, usw. Spezielle Schulungen: für Elektriker z.B. Arbeiten unter Spannung, für Höhenarbeiter PSA gegen Absturz inkl. Rettungsübung, für Flurförderzeug-Fahrer der Staplerschein (DGUV Grundsatz 308-001).
Dokumentation: Jede Unterweisung wird mit Datum und Teilnehmerliste dokumentiert. Im Idealfall erfolgt dies elektronisch (E-Learning-Plattform oder via Intranet mit Quittierungsfunktion). Das Konzept empfiehlt eine digitale Unterweisungslösung, welche Erinnerungen an fällige Schulungen sendet und Nachverfolgung ermöglicht. Alternativ können unterschriebene Papier-Teilnehmerlisten in Personalakten aufbewahrt werden – im Konzept ist ein Musterformular enthalten.
Wirksamkeit: Unterweisungen sollen nicht nur „Absitzen von Folien“ bedeuten. Daher sieht das Konzept vor, Lernerfolge stichprobenartig zu prüfen (z.B. kurze Wissenstests am Ende einer Schulung) und Feedback einzuholen. Zudem werden Inhalte regelmäßig aktualisiert (etwa geänderte Regeln oder Lessons Learned aus jüngsten Unfällen einbauen). Führungskräfte haben sicherzustellen, dass Mitarbeiter die vermittelten Regeln auch anwenden – hierzu sind Safety Walks und Gespräche im Arbeitsalltag wichtig.
Qualifikationen / Befähigungen: Neben allgemeinen Unterweisungen muss sichergestellt sein, dass gefährliche Tätigkeiten nur von entsprechend qualifizierten Personen durchgeführt werden. Das betrifft z.B. befähigte Personen nach BetrSichV (Prüfen von Anlagen, Krane bedienen, etc.), Elektrofachkräfte, Erste-Hilfe-Ausbildung, Feuerwehr-/Evakuierungshelfer und weitere. Das Konzept legt fest, welche Nachweise nötig sind und wie die HR-Abteilung bzw. FM diese erfasst. Es wird empfohlen, eine Schulungs- und Qualifikationsdatenbank zu führen, in der alle Mitarbeiter mit ihren Qualifikationen gelistet sind und Ablaufdaten (z.B. jährliche Fortbildung notwendig) überwacht werden.
Auch Fremdfirmenmitarbeiter dürfen erst nach dokumentierter Sicherheitsunterweisung ihre Tätigkeit aufnehmen. Hierzu gibt es eine spezielle Sicherheitsunterweisung für Externe (z.B. in Form eines Videos oder Skripts, das vor Betreten des Werks gelesen und per Unterschrift bestätigt wird). Inhalte: Verhaltensregeln auf dem Gelände, Notfallmaßnahmen, Meldewege, PSA-Pflichten, etc.
Permit-to-Work System & LOTO
Für gefährliche oder eingriffsintensive Arbeiten wird ein „Permit-to-Work“-Verfahren eingeführt, d.h. eine schriftliche Arbeitserlaubnis muss eingeholt werden. Dies betrifft Tätigkeiten wie Heißarbeiten (Schweißen, Flexen – Brandgefahr), Arbeiten in engen Räumen (Silos, Schächte – Erstickungs- und Absturzgefahr), Arbeiten in Höhen (>2 m ohne Sicherung), elektrische Arbeiten unter Spannung oder an Hauptverteilungen, Arbeiten mit Absturzgefahr, Tieflader-Entladungen etc.
Das Konzept enthält standardisierte Formulare (Anhang A4) für verschiedene Permit-Arten, etwa:
Heißarbeits-Erlaubnis: Muss von der FM-Leitung oder Brandschutzbeauftragten vor Beginn unterzeichnet werden. Bedingungen: Bereich räumen, feuerfeste Schutzausrüstung, Feuerlöscher bereitstellen, Nachkontrolle 30 Minuten nach Ende.
Elektro-Arbeiten Erlaubnis: Koppelung mit LOTO-Verfahren (Lock-Out Tag-Out). D.h. bevor an einer Anlage gearbeitet wird, sind alle Energiequellen abzuschalten, gegen Wiedereinschalten mechanisch zu verriegeln (Lock) und mit einem Warnanhänger (Tag) zu versehen. Nur die verantwortliche Elektrofachkraft darf ihr Schloss wieder entfernen. Das Permit beinhaltet Checklisten: Spannungsfreiheit messen, Freigabe durch Anlagenverantwortlichen einholen, erweiterte Schutzausrüstung (elektrisch isolierende Handschuhe, Helm) tragen, etc. Nach Abschluss: Wiederinbetriebnahme-Prozedur (Kontrolle, ob alle Personen abgezogen sind, Erdungen entfernt, Kommunikation an Betroffene).
Arbeiten in engen Räumen: Erlaubnisformular mit Punkten: Atmosphäre messen (Sauerstoff, ggf. toxische Gase), Absicherung gegen Einfallen (Tripod mit Rettungswinde), zweiter Mann als Sicherungsposten, Rettungsplan (z.B. Feuerwehr in Rufbereitschaft bei Kanal-Arbeiten).
Das Permit-System stellt sicher, dass kein Mitarbeiter (weder eigener noch Fremder) solche Tätigkeiten eigenmächtig beginnt. Jedes Permit benötigt Unterschriften (Beantrager, Verantwortliche Aufsicht, EHS-Freigabe). In der digitalen Umsetzung kann dies ein Workflow im CAFM-System sein, der entsprechende Verantwortliche in Kenntnis setzt und Genehmigungen elektronisch dokumentiert.
LOTO (Lock Out, Tag Out): Dieses Verfahren ist integraler Bestandteil von Permit-to-Work bei Energieanlagen. Jede Wartung oder Reparatur an einer Maschine oder Anlage, die durch Energie (elektrisch, hydraulisch, pneumatisch, etc.) gefährdet, angetrieben oder gespeist wird, verlangt nach BetrSichV eine Freischaltung und Sicherung gegen Wiederinbetriebnahme. Im Konzept werden LOTO-Kästen und persönliche Vorhängeschlösser eingeführt: Jeder Techniker hat ein persönliches Schloss, das er bei Instandhaltungsarbeiten anbringt, und nur er hat den Schlüssel. Erst wenn alle Beteiligten ihre Schlösser entfernt haben, darf die Anlage wieder ans Netz. Zusätzlich gibt es Informations-Tags (Anhänger), die angeben wer, wann, warum abgeschaltet hat. Die Verantwortlichkeiten sind klar geregelt: Der Anlagenverantwortliche (evtl. Schichtleiter der Produktion) muss die Freigabe zur Abschaltung geben; der Arbeitsverantwortliche (Wartungsleiter oder externe Firma) führt die LOTO-Prozedur durch; nach Ende meldet er dem Anlagenverantwortlichen die Wiederbereitschaft, worauf dieser die Anlage wieder freigibt.
Unser Konzept etabliert daher einen umfassenden Fremdfirmen-Prozess:
Auswahl & Eignungsprüfung: Vor der Vergabe von Aufträgen an Dienstleister wird eine Präqualifikation bezüglich Arbeitssicherheit durchgeführt. Ein Fragebogen (Anhang A5) prüft z.B.: Verfügt die Firma über ein eigenes Arbeitsschutzmanagement? Gibt es gültige BG-Zertifikate, SCC-Zertifizierung oder ISO 45001? Wie ist die Unfallstatistik (UV-Quote)? Werden Mitarbeiter regelmäßig geschult? Können erforderliche Qualifikationen (z.B. Schweißerschein, Elektriker-Gesellenbrief) nachgewiesen werden? – Nur Firmen, die bestimmte Mindestkriterien erfüllen, kommen in den Bieterkreis. Dies fördert bereits im Vorfeld ein Sicherheitsbewusstsein bei Lieferanten.
Vertragsgestaltung: In den Dienstleistungsvertrag werden klare Arbeitsschutzanforderungen aufgenommen. Dazu zählt die Pflicht, die Werk- und Montageanweisung des Auftraggebers einzuhalten, die im Anhang beiliegt. Außerdem muss die Fremdfirma einen Verantwortlichen benennen, der vor Ort als Ansprechpartner fungiert. Vertragsstrafen bei groben Verstößen (z.B. PSA-Verweigerung) können vereinbart werden, um Druck zu erzeugen.
Einweisung und Koordination: Bevor Arbeiten beginnen, erhalten alle Fremdfirmen-Mitarbeiter eine Sicherheitsunterweisung (siehe oben). Sie werden zudem in spezifische Gefahren ihres Einsatzortes eingewiesen (ggf. durch einen zuständigen Mitarbeiter der Fachabteilung oder FM). Jeder externe Mitarbeiter erhält einen „Fremdfirmen-Ausweis“ oder einen digitalen Zugangscode nur nach absolvierter Unterweisung. Zudem muss sich jede Fremdfirma bei Ankunft und Verlassen anmelden (z.B. beim Wachschutz oder über ein digitales System), damit das Unternehmen stets weiß, wer sich auf dem Gelände befindet (wichtig für Evakuierungen!).
Während der Arbeiten stellt das FM-Team möglichst eine Begleitung oder Aufsicht bereit, die stichprobenartig kontrolliert, ob die Sicherheitsregeln eingehalten werden (z.B. ob Absperrungen um Baustellenbereiche vorhanden sind, Gerüste korrekt gesichert sind, elektrische Geräte auf Prüfplakette geprüft sind etc.). Bei größeren Projekten ist eventuell ein Sicherheits- und Gesundheitsschutzkoordinator (SiGeKo) nach BaustellV zu bestellen, der die verschiedenen Gewerke koordiniert.
Abschlusskontrolle: Nach Fertigstellung der Arbeiten muss die Fremdfirma den Arbeitsbereich sauber und sicher übergeben. Ein Abnahmeprotokoll (Anhang A5) dokumentiert, dass z.B. keine Werkzeuge oder Gefahren hinterlassen wurden, Anlagen wieder ordnungsgemäß in Betrieb sind und eventuelle Schäden gemeldet wurden. Erst danach wird der Auftrag als erfüllt betrachtet.
Bewertung: Das FM/EHS-Team bewertet im Nachgang die Leistung der Fremdfirma auch in puncto Sicherheit (z.B. gab es Verstöße, wie war die Zusammenarbeit?). Diese Bewertung fließt in künftige Vergabeentscheidungen ein (Lieferantenbewertung). Somit entsteht mit der Zeit ein Pool von verlässlichen Partnerfirmen mit hoher Sicherheitskultur.
Durch diesen Prozess der Fremdfirmensteuerung werden die Schnittstellenrisiken – die typischerweise bei externer Vergabe entstehen – deutlich reduziert. Er adressiert z.B. Unklarheiten bei Verantwortung: Der Betrieb stellt klar, dass Weisungsrecht gegenüber Fremdfirmen besteht, d.h. bei Gefahr können deren Arbeiten unterbrochen oder untersagt werden. Fremdfirmen hingegen müssen Gefahren und Störungen sofort an den Auftraggeber melden. Beide Seiten kooperieren somit für ein Ziel: unfallfreie Zusammenarbeit.
Ereignis- und Unfallmanagement- Entscheidend ist dann ein professionelles Vorgehen, um Konsequenzen für Betroffene zu mildern und Wiederholungen zu verhindern:
Unfallmeldung: Jeder Arbeitsunfall wird unverzüglich dem Vorgesetzten und der EHS-Abteilung gemeldet. Das Konzept sieht eine niedrigschwellige Meldekultur vor, nach dem Motto „Lieber ein Mal zu viel melden als zu wenig“. Dazu wird beispielsweise ein einfaches Online-Formular oder eine Hotline eingerichtet. Auch Beinaheunfälle (Near Misses) oder beobachtete Unsicherheiten sollen gemeldet werden, um proaktiv zu lernen.
Erste Hilfe & Notfallreaktion: Parallel zur Meldung muss natürlich die Versorgung des Verletzten Priorität haben. Der Betrieb stellt über ausreichend Ersthelfer (mind. 5% der Beschäftigten ausbilden) sowie Sanitätsräume sicher. Ein Alarmplan (siehe Notfallmanagement) regelt, wer im Ernstfall informiert wird (Betriebsarzt, Rettungsdienst).
Unfalluntersuchung: Jeder meldepflichtige Arbeitsunfall (Ausfall > 3 Tage oder schwere Verletzung) wird formell untersucht. Nach DGUV Vorschrift 1 und Regel 100-001 ist eine Unfallanzeige an die BG innerhalb von 3 Tagen zu erstatten. Die SiFa erstellt einen Unfallbericht und nutzt z.B. die 5-Why-Methode oder Ishikawa-Diagramme, um die Ursachen zu analysieren: Direktursache (was löste die Verletzung aus?), indirekte Ursachen (wie kam es dazu? z.B. mangelhafte Unterweisung, Zeitdruck, technischer Defekt) und systemische Ursachen (gab es organisatorische Mängel, Kulturprobleme?). Aus der Analyse werden Maßnahmen abgeleitet – sowohl technische (z.B. Maschine nachrüsten), organisatorische (Prozess ändern) als auch Schulungen oder personenbezogene Konsequenzen, falls grobe Fahrlässigkeit im Spiel war.
Lessons Learned: Schwerere Unfälle oder auch knappe Beinahe-Katastrophen werden in Lessons Learned-Meetings mit den Führungskräften besprochen. Ziel ist, das Lernen im gesamten Unternehmen zu verbreiten: „Was wäre beinahe passiert? Was haben wir daraus gelernt? Was tun wir, damit es nirgendwo passiert?“ Die Erkenntnisse werden dokumentiert und fließen z.B. in Unterweisungen oder Betriebsanweisungen ein.
Reporting: Das Konzept implementiert eine KPI-gestützte Unfallstatistik: Kennzahlen wie LTIR (Lost Time Injury Rate – Unfälle pro 1 Mio. Arbeitsstunden), die Rate von Beinaheunfällen, Tage seit dem letzten Unfall, werden erfasst und in Management-Reports präsentiert. So sieht man Trends und kann gezielt Schwerpunkte setzen (z.B. wenn eine Abteilung auffällig mehr Vorfälle hat, dort Fokusprüfungen ansetzen).
Gefahrstoffmanagement
In vielen FM-Bereichen gibt es gefährliche Stoffe: von Reinigungsmitteln über Laborchemikalien bis zu Betriebsstoffen (Öle, Treibstoffe) oder Produktionschemikalien. Ein systematisches Gefahrstoffmanagement schützt Beschäftigte, Umwelt und Anlagen vor den Risiken solcher Stoffe.
Kernkomponenten:
Gefahrstoffkataster: Es wird ein vollständiges Verzeichnis aller im Betrieb verwendeten Gefahrstoffe geführt. Für jeden Stoff sind hinterlegt: Bezeichnung, Einsatzort, Einstufung (z.B. entzündbar, ätzend, krebserregend), Sicherheitsdatenblatt (SDB), Lagermenge, Lagerklasse, und verantwortliche Person. Idealerweise ist dies in digitaler Form (es gibt Softwarelösungen oder Module im CAFM dafür).
Sicherheitsdatenblätter (SDB): Der FM/EHS-Bereich beschafft für jeden Stoff das aktuelle SDB vom Lieferanten. Diese werden den Mitarbeitern zugänglich gemacht (z.B. im Intranet oder in einem Ordner am Gefahrstofflager). Wichtig: Abschnitt 8 (Schutzmaßnahmen) und Abschnitt 4 (Erste Hilfe) der SDB fließen in die Betriebsanweisungen ein.
Lagerung: Gemäß TRGS 510 werden Lagerbereiche nach Gefahrstoffklassen ausgewiesen (z.B. brennbare Flüssigkeiten getrennt von Oxidationsmitteln lagern). Das Konzept sieht vor, dass alle Gefahrstofflager (z.B. Putzmittelraum, Chemikaliencontainer, Laborlager) regelmäßig geprüft werden: Ist die Lüftung funktionsfähig? Auffangwannen vorhanden? Zugänglichkeit nur für Berechtigte? – Brandschutz und Explosionsschutz sind hier eng verzahnt (s.u.). Im Anhang sind Beispiel-Lagerpläne und Checklisten.
Substitution: Wo immer möglich, sind besonders gefährliche Stoffe durch ungefährlichere zu ersetzen (Substitutionsgebot nach GefStoffV und TRGS 600). Das Konzept fordert bei jeder Neubeschaffung eines Chemikalie einen Substitutionscheck: Die Fachabteilung muss begründen, falls ein CMR-Stoff (krebserzeugend, mutagen, reproduktionstoxisch) gebraucht wird und darlegen, warum keine weniger gefährliche Alternative existiert.
Gefährdungsbeurteilungen Gefahrstoffe: Für jeden Prozess mit Gefahrstoffen wird eine spezifische GBU erstellt (oder integriert in die Arbeits-GBU). Diese berücksichtigt Einatmen, Hautkontakt etc., legt Grenzwerte zugrunde und definiert Schutzmaßnahmen (Technik: z.B. Abzüge, dichte Apparaturen; Organisation: z.B. beschränkter Zugang, Unterweisung; PSA: z.B. Chemikalienschutzhandschuhe, Atemschutzfilter). Auch Notfallmaßnahmen (Augenspülstation, Notdusche, Neutralisationsmittel) werden hier geplant.
Dokumentation & Überwachung: Alle Stoffe werden im Rechtskataster gepflegt, inkl. Pflicht zur Anzeige/Bewilligung (etwa bei Lagerung größerer Mengen bestimmter Stoffe nach 4. BImSchV). Jahresaudits prüfen das Gefahrstoffmanagement, um Rechtskonformität sicherzustellen.
Durch dieses Vorgehen wird einem „engen Netz von Rechtsakten“ im Chemikalienbereich Rechnung getragen: EU-Verordnungen REACH und CLP, nationale Gesetze wie ArbSchG, ChemG und Verordnungen wie GefStoffV, BetrSichV bilden den Rahmen, ergänzt durch TRGS und UVVen. Das Unternehmen muss up-to-date bleiben (z.B. wenn neue Piktogramme oder H-Sätze eingeführt werden, wie jüngst Änderungen in CLP). Ein EHS-Beauftragter verfolgt Änderungen und aktualisiert Schulungen und Dokumentation entsprechend.
Arbeitsstätten, Ergonomie und Hygiene- Die Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) und ihre technischen Regeln (ASR) setzen hier den Rahmen:
Flächen und Räume: ASR A1.2 gibt Vorgaben zur Raumgröße, Luftraum, Bewegungsflächen. Für Büroarbeitsplätze gilt z.B. eine Mindestfläche pro Arbeitsplatz (oft ~8–10 m² als Richtwert inkl. Möblierung für Einzelarbeitsplätze) sowie Anforderungen an Höhe und Rauminhalt. Bei neuen Büroflächen sollten die Empfehlungen der DGUV Information 215-441 (Nachfolger der zurückgezogenen DIN 4543) beachtet werden, die ergonomische Bürokonzepte beschreibt. Das Konzept sieht vor, bei Neubauten FM und Arbeitsschutz früh in die Planung einzubinden (Planungs- und baubegleitendes FM), um diese Standards umzusetzen.
Klima und Lüftung: Gutes Raumklima ist Teil des Gesundheitsschutzes. ASR A3.5 fordert z.B. Temperaturen von 20–26 °C in Büroräumen und definierte Frischluftzufuhr. VDI 6022 ist hier der maßgebliche Standard, wie bereits erwähnt, für Hygiene in Lüftungsanlagen. Das Konzept verlangt: Alle RLT-Anlagen werden nach VDI 6022 gewartet (Filterwechsel, mikrobiologische Untersuchungen), Luftqualitätsparameter (CO₂-Gehalt, relative Feuchte, ggf. Feinstaub) werden in stark belegten Räumen gemessen. IoT-Sensoren können hier unterstützen (siehe Digitalisierung). Bei Überschreitung definierter Schwellen (z.B. CO₂ > 1000 ppm) gibt es automatische Meldungen oder Ampelsysteme, die zum Lüften auffordern.
Beleuchtung: ASR A3.4 fordert ausreichende Beleuchtungsstärken je nach Tätigkeit (z.B. 500 Lux im Büro, 300 Lux im Lager). Im FM-Wartungsplan werden jährliche Messungen der Beleuchtungsstärke vorgesehen und Mängel zeitnah behoben. Ergonomisch sind auch Blendfreiheit und Tageslichtanteil wichtige Faktoren.
Lärm: In Büros gelten <55 dB(A) als zumutbar (offene Büros eher <45 dB). In Produktionsbereichen sind Gehörschutz ab 85 dB vorgeschrieben. Das Konzept beinhaltet Lärmkatasters, Lärmmessungen und ggf. bauliche Maßnahmen (Kapselung von Maschinen, schallabsorbierende Decken in Büros). Besonders Lärm im Großraumbüro – hier kann FM durch akustische Zonierung und Möblierung viel erreichen.
Ergonomie: Büro-Arbeitsplätze werden gemäß der BildscharbV und Ergonomie-Leitfäden gestaltet: höhenverstellbare Tische, ergonomische Stühle (mind. DIN EN 1335 Standard), ausreichend Bewegungsfläche, flexible Beleuchtung, zwei Monitore etc. Im Produktionsbereich geht es um ergonomische Gestaltung von Arbeitsplätzen (z.B. höhenverstellbare Montagetische, Unterstützungssysteme für Heben/Tragen, Vermeidung von Zwangshaltungen). Das Konzept empfiehlt regelmäßige ergonomische Begehungen mit der SiFa und dem Betriebsarzt, um Probleme aufzudecken. Auch Rückenschulen oder Kurzpausen-Übungen können im Gesundheitsprogramm vorgesehen sein.
Hygiene und soziale Einrichtungen: Die ArbStättV stellt Anforderungen an Pausenräume, Sanitärräume, Kantinen etc. Hier sorgt das FM dafür, dass ausreichend und saubere Toiletten vorhanden sind (nach ASR A4.1: X Toiletten pro Y Mitarbeiter, Geschlechter getrennt, inkl. Handwaschgelegenheiten), Wasch- und Duschräume bei Bedarf (z.B. stark verschmutzende Tätigkeiten). Reinigung ist Teil des infrastrukturellen FM – Reinigungspläne werden auch unter Hygieneaspekten gestaltet (z.B. tägliche Desinfektion von Kontaktflächen in der Grippesaison, spezielle Hygienevorschriften in Kantinen und Küchen).
Homeoffice & mobiles Arbeiten: Durch die Pandemie hat Homeoffice stark zugenommen. Rechtlich gilt auch dort der Arbeitsschutz, wenn auch mit geringeren Kontrollmöglichkeiten. Das Konzept stellt Leitlinien bereit, z.B. eine Selbstbeurteilungs-Checkliste für Homeoffice-Arbeitsplätze (richtige Tischhöhe, Bildschirmarbeitspausen, Beleuchtung) und bietet optional eine Beratung an (z.B. Ergonomie-Webinar für Mitarbeiter zuhause). Zudem müssen Arbeitszeiten im Homeoffice erfasst und Arbeitszeitgesetz eingehalten werden (Ruhezeiten etc.). Für die psychische Gesundheit ist wichtig, Vereinzelung zu vermeiden – regelmäßige Treffen im Büro oder virtuelle Teammeetings können helfen.
Alles in allem sorgt dieser Bereich dafür, dass sowohl Neubauten (mit korrekter Auslegung nach aktuellen Regeln) als auch Bestandsbauten (durch Nachrüstungen oder organisatorische Maßnahmen) sichere und gesunde Arbeitsplätze bieten. Der FM-Bereich ist hier oft Treiber von Verbesserungen, z.B. Initiativen zur „gesunden Kantine“, „bewegten Pause“, Raucherentwöhnungsprogramme etc., was über den klassischen Arbeitsschutz hinaus in Richtung betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) geht.
Betrieb technischer Anlagen und Instandhaltung
Ein großer Teil der FM-Aufgaben besteht im sicheren Betrieb von Anlagen: von Aufzügen über Druckbehälter und Maschinen bis zur elektrischen Infrastruktur. Hier treffen Betreiberpflichten (z.B. regelmäßige Prüfungen) und Arbeitsschutz eng zusammen.
Wartungs- und Prüfplan
Das Konzept umfasst ein zentrales Wartungs- und Prüfkatastersystem (Anhang A3 zeigt einen Ausschnitt). Darin sind alle prüfpflichtigen Arbeitsmittel und Anlagen aufgeführt mit Prüffrist, Prüfumfang und Verantwortlichem.
Beispiele:
Aufzüge: Wiederkehrende Prüfung alle 2 Jahre durch ZÜS (TÜV/Dekra), Zwischenprüfungen jährlich, nach BetrSichV und TRBS 3121.
Elektrische ortsfeste Anlagen: Prüfung alle 4 Jahre (oder öfter je nach Risikobeurteilung) nach DGUV V3.
Regale: Prüfung jährlich nach DIN EN 15635 (Regalinspektion durch befähigte Person).
Druckbehälter: Fristen gemäß BetrSichV Anhang 2, z.B. Dampfkessel innere Prüfung alle 5 Jahre etc.
Krane und Hebezeuge: Jährliche Prüfung + zusätzliche Sachkundigenprüfungen alle 4 Jahre nach DGUV V52.
Das FM-System (CAFM) erinnert an anstehende Prüfungen und erstellt Eskalationen, falls Fristen überschritten werden. Damit kann kein Prüftermin „durchrutschen“. Gleichzeitig sind in dem System alle Prüfberichte und Zertifikate hinterlegt, sodass bei Audits oder Behördenkontrollen lückenlose Nachweise vorliegen.
Instandhaltungsstrategie: Angelehnt an DIN 31051 und DIN 13306 wird eine präventive und zustandsorientierte Instandhaltung angestrebt, statt nur reaktiv zu reparieren. Gerade sicherheitsrelevante Anlagen (z.B. Brandschutzeinrichtungen, Notstrom, Lüftung) erhalten Wartungspläne, die über Mindestvorschriften hinausgehen, um Ausfälle zu verhindern. Predictive Maintenance-Ansätze werden geprüft: Etwa Schwingungsmonitoring an Lüftungsmotoren oder Thermografie an Schaltanlagen, um frühzeitig Abnutzung zu erkennen.
Dokumentation und Betriebshandbücher: Das Konzept fordert, dass für alle Anlagen Betriebsanweisungen/Betriebshandbücher verfügbar sind (vom Hersteller oder eigen erstellt) und die Mitarbeiter mit diesen vertraut sind. Darin sind u.a. Sicherheitsvorschriften beim Betrieb beschrieben (z.B. persönliche Schutzausrüstung beim Bedienen der Heizungsanlage, keine Alleinarbeit in bestimmten Räumen, etc.).
Betreiberkontrollen: Neben Prüfungen durch externe Sachverständige sollten regelmäßige interne Kontrollen stattfinden. Zum Beispiel: ein Sicht- und Funktionscheck von Notausgängen und Sicherheitsbeleuchtung monatlich durch Hausmeister; wöchentliche Testläufe der Notstromaggregate; tägliche Sichtprüfung von Krananlagen durch Bediener (Haken, Seile) vor Schichtbeginn (verlangt UVV). Diese Pflichten werden in einfachen Checklisten festgehalten und die Ergebnisse dokumentiert (z.B. digital per App oder auf Papier zur Ablage).
Arbeitsfreigaben für Instandhaltung: Verbindung zum Permit-System – viele Wartungsarbeiten erfordern Abschaltungen oder bergen Risiken (siehe LOTO). Daher plant FM Wartungen so, dass Sicherheit stets gewährleistet ist (z.B. Kranwartung nur, wenn Bereich abgesperrt und Kran stromlos; Dacharbeiten nur mit Absturzsicherung etc.). Der FM-Leiter koordiniert mit den Fachabteilungen, um geeignete Zeitfenster für Instandhaltung zu finden, die Produktion möglichst wenig und die Sicherheit gar nicht beeinträchtigen.
Notfallreparaturen: Auch bei ungeplanten Ereignissen (Rohrbruch, Stromausfall) muss Sicherheit beachtet werden. Das Konzept schreibt eine Prozedur vor: Erst Gefahrenabwehr (z.B. Strom abschalten, Bereich räumen), dann Instandsetzung. Techniker dürfen erst ran, wenn Freigabe erteilt ist (wieder ähnlich Permit-Prinzip, aber in Eilfällen mündlich durch zuständige Person).
Insgesamt zielt dieser Abschnitt darauf ab, durch eine professionelle Instandhaltung sowohl Ausfallzeiten zu minimieren (Wirtschaftlichkeit) als auch Unfälle zu vermeiden, die durch mangelhafte Anlagen entstehen könnten (z.B. Unfall durch Versagen einer Wartungsbühne). Es betont die Doppelfunktion von Instandhaltung: Sicherheit gewährleisten (Betriebssicherheit) und Verfügbarkeit sicherstellen. DIN EN 15341 (Kennzahlen Instandhaltung) kann angewandt werden, um Leistungskennzahlen wie MTBF (Mean Time Between Failures) oder Wartungsquoten zu verfolgen – diese wirken indirekt auch auf die Sicherheit (eine gut gewartete Anlage ist sicherer).
Brand- und Explosionsschutz
Brandschutz gehört zu den Pflichtthemen im Gebäudebetrieb. Viele Vorgaben ergeben sich bereits aus dem Baurecht (Brandschutznachweise) und der Versicherung.
Das Betriebskonzept fokussiert auf organisatorischen und anlagentechnischen Brandschutz:
Brandschutzordnung: Für alle Gebäude wird eine nach DIN 14096 Teil A, B, C strukturierte Brandschutzordnung erstellt (Verhalten im Brandfall für Beschäftigte und für Brandschutzhelfer, Regeln zur Verhütung von Bränden). Diese wird bekannt gemacht (Aushänge, Intranet) und in Unterweisungen geschult.
Anlagentechnik: Alle brandschutztechnischen Anlagen (Brandmeldeanlage, Sprinkler, Rauchabzüge, Feuerlöscher, Brandschutztüren) sind im Wartungsplan (siehe oben) erfasst und werden regelmäßig geprüft. Mitarbeiter werden angehalten, niemals Brandschutztüren zu verkeilen etc. – solche Verstöße sind z.B. Punkt in den Sicherheitsbegehungen.
Feuerlöscher & Hydranten: Verteilung nach ASR A2.2 und DIN 14461. Überprüfung mind. alle 2 Jahre durch Sachkundige. Zusätzlich: Lagepläne mit Feuerlöscheinrichtungen in jedem Bereich aushängen.
Organisatorischer Brandschutz: Wie bereits erwähnt, werden Brandschutzhelfer (mind. 5% der Belegschaft gemäß ASR A2.2) ausgebildet. Diese unterstützen im Alarmfall bei der Evakuierung und initialen Löschversuchen. Es gibt eine Alarmierungs- und Evakuierungsübung mindestens jährlich (besser halbjährlich, inkl. Probealarm). Die erzielte Evakuierungszeit wird dokumentiert und ausgewertet – Zielvorgaben je nach Gebäudegröße werden festgelegt (z.B. <3 Minuten für Bürogebäude mit 3 Stockwerken). Mängel aus Übungen (unzureichende Beschallung, unklare Treffpunkte) führen zu Verbesserungsmaßnahmen.
Explosionsschutz: In Bereichen, wo explosionsfähige Atmosphäre auftreten kann (z.B. Lackiererei, Chemikalienlager, Batterieräume), muss ein Explosionsschutzdokument nach §6 GefStoffV erstellt sein. Darin werden Zoneneinteilungen (ATEX Zonen 0/1/2 für Gase, 20/21/22 für Stäube) festgelegt und Schutzmaßnahmen dokumentiert. Das Konzept sieht vor, dass ein kompetenter Mitarbeiter oder externer Experte diese Dokumente pflegt. Typische Maßnahmen: Verbot von Zündquellen, explosionsgeschützte elektrische Geräte, Ex-Bereiche kennzeichnen, nur geschultes Personal zugelassen. Auch hier gilt Permit-to-Work: Heißarbeiten in Ex-Bereichen sind streng untersagt bzw. nur nach strenger Freigabe mit zusätzlichen Maßnahmen (Inertisierung, kontinuierliche Gasmessung) erlaubt.
Zutrittsverbote und Kennzeichnung: Bereiche mit besonderen Gefahren (z.B. Maschinenräume, Hochspannung, Ex-Zonen) erhalten eindeutige Kennzeichnung und Zutritt nur für Befugte. Das Konzept fordert z.B. eine elektronische Zugangskontrolle für solche Räume und Führung eines Riegelschlüsselverzeichnisses (wer hat wo Zutritt).
Zusammenarbeit mit Behörden/Feuerwehr: Der Brandschutzbeauftragte hält Kontakt zur örtlichen Feuerwehr, stimmt Feuerwehrpläne ab (Flucht-/Rettungspläne, Laufkarten für Brandmeldeanlagen) und organisiert im Idealfall Übungen zusammen mit der Feuerwehr (z.B. einmal alle 2 Jahre eine unangekündigte Übung mit realistischem Brandszenario).
Ergänzend wird übergreifend HSSE gedacht: Brandschutz ist eng mit Arbeitsschutz verzahnt – so sind z.B. Heißarbeiten gleichzeitig Brandgefahr und Arbeitsgefahr (Schweißarbeiten), daher wurde es bereits im Permit-System behandelt. Die klare Regel lautet: Keine Arbeit ohne ausreichenden Brandschutz (z.B. Feuerlöscher vor Ort bei Funkenflug). Umgekehrt: Kein Brandschutz ohne Unterweisung der Menschen (die beste Löschdecke nützt nichts, wenn keiner sie nutzen kann).
Notfall-, Krisen- und Pandemiemanagement- Das Betriebskonzept integriert daher ein umfassendes Notfallmanagement mit folgenden Bausteinen:
Notfallpläne: Für verschiedene Szenarien werden Alarm- und Gefahrenabwehrpläne (AGAP) erstellt, zusammengefasst im Anhang A7. Szenarien umfassen z.B.: Brand, Gefahrstoffaustritt, medizinischer Notfall, Stromausfall, IT-Ausfall, Bombendrohung, extreme Wetterereignisse, Pandemie. Jeder Plan enthält: Alarmierungskette (wen ruft man zuerst an? – z.B. interne Leitstelle, dann Feuerwehr oder vice versa, und wer intern informiert werden muss), Sammelplätze/Notausgänge, Zuständigkeiten (z.B. Räumungsleitung durch Werksschutz, Erste Hilfe durch Sanitäter), und Muster-Durchsagen für die Evakuierungsdurchsage. Diese Pläne werden in den Bereichen ausgehängt (Kurzversion für Mitarbeiter) und detailliert im Intranet oder Notfallhandbuch bereitgestellt.
Notfallorganisation: Es wird ein Notfallteam bzw. Krisenstab benannt, bestehend aus: Geschäftsleitung, FM/EHS-Leitung, Kommunikationsabteilung, IT-Leitung, Fachabteilung je nach Fall, ggf. externen Beratern (Jurist, Psychologe). Dieses Team übt den Ernstfall in tabletop-Übungen. Kontaktlisten (Telefon, Mobil, privat) aller Schlüsselpersonen werden gepflegt, inkl. Ersatz bei Urlaub. Es gibt ein Notfalltelefon (Hotline), das 24/7 von einem Bereitschaftsdienst betreut wird, um Alarmmeldungen entgegenzunehmen.
Evakuierung und Erste Hilfe: Wie im Brandschutz erwähnt, erfolgen regelmäßige Evakuierungsübungen. Zudem sind Erste-Hilfe-Ausstattung und Abläufe geregelt: Verteilung von Verbandskästen (alle 50 m oder pro Abteilung mind. ein Kasten), automatische Defibrillatoren (AED) an zentralen Punkten mit Kennzeichnung, Ersthelferquote min. 5–10%. Eine Liste aller Ersthelfer hängt am schwarzen Brett und im Intranet. Bei Schichtbetrieb ist in jeder Schicht ein Ersthelfer anwesend.
Pandemieplan: Seit COVID-19 ist die betriebliche Pandemieplanung essenziell. Das Konzept enthält einen Plan orientiert an SARS-CoV-2-Arbeitsschutzstandards: z.B. Einrichten eines Krisenstabs Pandemie, Hygieneregeln (Abstand, Masken, Plexiglasbarrieren), Kontaktverfolgung im Betrieb, Homeoffice-Regelungen, Zutrittsverbote bei Symptomen, Test-/Impfangebote. Dieser Plan tritt bei meldepflichtigen Infektionsausbrüchen in Kraft. Er beinhaltet auch Überlegungen zur Aufrechterhaltung der kritischen Infrastruktur im Betrieb (z.B. Schichttrennung, Notfallvertretungen, externes Backup).
Business Continuity Management (BCM): Über Arbeitsschutz hinaus denkt das Konzept an Betriebsfortführung bei Ausfällen. Z.B.: IT-Notfall (Serverausfall, Cyberangriff) – hier ist IT gefragt, aber FM sorgt für Ausweichräumlichkeiten falls Gebäude unbenutzbar. Oder Versorgungsausfall (Wasser, Strom): FM hält Notreserven bereit (Notstromaggregate, Tankvorrat). Diese Aspekte sind Teil eines BCM-Handbuchs, das mit dem EHS-Konzept verzahnt ist.
Kommunikation: In Notfällen ist klare Kommunikation lebensrettend. Das Konzept sieht vor, dass alle Mitarbeiter die Signale (Alarmton, Lautsprecherdurchsage) kennen und wissen, was zu tun ist. Nach einem Zwischenfall kommuniziert die Unternehmensführung transparent (z.B. bei einem Unfall: Info an Belegschaft, dass Ursache untersucht wird und Unterstützung für den Verunfallten etc.). Für externe Kommunikation (Presse) gibt es vorbereitete Statements, um im Krisenfall schnell reagieren zu können.
Digitalisierung und KI im EHS/FM- Das Konzept skizziert eine digitale Architektur für integriertes EHS und FM:
CAFM-System als Zentrale: Ein Computer Aided Facility Management (CAFM)-System oder CMMS (Computerized Maintenance Management System) dient als Datenhub. Hier laufen Informationen zusammen: Flächen- und Anlagendaten, Wartungspläne, Prüftermine, Vertragsdaten, Störungsmeldungen etc. Dieses System wird erweitert um EHS-Module: z.B. Gefährdungsbeurteilungs-Tool, Vorfallmanagement, Schulungsmanagement. Idealerweise sind die Systeme integriert, sodass kein Datensilo entsteht (Stichwort: „eine Quelle der Wahrheit“ für alle gebäudebezogenen Daten). Schnittstellenstandards wie OPC-UA (für Maschinen-/Sensoranbindung) und REST-APIs für Software werden genutzt, um z.B. BMS/GLT (Gebäudeleittechnik) und Zutrittssysteme anzubinden.
IoT-Sensorik: In Gebäuden können Internet of Things (IoT)-Sensoren vielfältige EHS-Daten liefern:
Raumluftqualität (IAQ): Sensoren für CO₂, Temperatur, Feuchte in Großraumbüros melden Komfortprobleme oder zu hohe CO₂-Werte, worauf FM reagiert (Lüften, Lüftungsanlage hochfahren).
Lärmmonitoring: In lauten Produktionsbereichen messen Schallpegelmesser kontinuierlich; bei Überschreitung von 85 dB kann Alarm ausgelöst werden (Mitarbeiter erinnert, Gehörschutz zu tragen).
Personenzählung: Sensoren oder WLAN-Tracking erfassen Belegungsdichten – hilfreich in Evakuierungen (um zu wissen, wie viele Personen ungefähr im Gebäude waren) und für Hygienekonzepte (Vermeidung von Überbelegung in Pandemiezeiten).
Vibrations-/Zustandssensoren: An kritischen Maschinen angebracht, um Unwuchten oder Temperaturanstiege früh zu erkennen (Predictive Maintenance, verhindert Unfälle durch plötzliches Versagen).
Die Daten dieser Sensoren fließen ins FM-Dashboard. Alerts können automatisch Tickets erzeugen (z.B. „Raum 302: CO₂ > 1500 ppm – bitte lüften“ als Auftrag an Haustechnik).
Digitaler Zwilling: Von wichtigen Anlagen (z.B. einer komplexen Lüftungs- und Heizungsanlage oder einer Produktionsstraße) kann ein Digital Twin erstellt werden. Dieser ist ein virtuelles Abbild mit allen relevanten Parametern. Damit lassen sich Was-wäre-wenn-Simulationen fahren – etwa, wie wirkt sich ein Ausfall eines Teils aus, oder wie verbreitet sich Rauch bei einem Brand? Auch Trainings können am digitalen Modell durchgeführt werden (z.B. Virtuelle Begehung für neue Mitarbeiter, um Gefahrenstellen kennen zu lernen).
KI-gestützte Analysen: Künstliche Intelligenz kann in mehreren Feldern helfen:
NLP in Vorfallberichten: Eine KI liest Freitext-Unfallmeldungen und sucht nach Mustern (z.B. häufige Erwähnung von „Stolpern“ in einem Bereich -> Hinweis auf Bodenunebenheiten).
Bild-/Videoerkennung: Kameras an Einfahrten oder in der Produktion könnten prüfen, ob Personen die vorgeschriebene PSA tragen (Helm, Warnweste). Oder mittels Geofencing detektieren, wenn jemand einen gesperrten Gefahrenbereich betritt (Alarm an die Leitwarte).
Predictive Safety: KI könnte anhand von Sensor- und Vergangenheitsdaten riskante Situationen prognostizieren, z.B. „hohe Auftragslast + Überstunden + gewisse Maschinenvibration -> erhöhtes Unfallrisiko“, und präventive Warnungen ausgeben.
Chatbots und digitale Assistenten: Für Mitarbeiter, die schnell eine Arbeitsschutzfrage haben („Welche Leiter darf ich benutzen?“), könnten digitale Assistenten Antworten bereitstellen (gefüttert mit dem Inhalt des EHS-Handbuchs).
Wichtig ist, KI nicht unreflektiert einzusetzen: „Human-in-the-loop“ Prinzip heißt, dass kritische Entscheidungen (z.B. jemanden von der Arbeit auszuschließen aufgrund KI-Alarm) immer durch Menschen validiert werden. Auch müssen Bias und Datenschutz beachtet werden – etwa Gesichtserkennung für PSA-Überprüfung ist aus Datenschutzgründen in der Regel nicht zulässig, da biometrische Daten erfasst würden. Hier wären alternative Lösungen (z.B. Marker an Helmen) denkbar.
Datenschutz & IT-Security: Alle digitalen Lösungen unterliegen der DSGVO. Das Konzept betont Privacy by Design: Datenminimierung (nur erfassen, was nötig ist), Pseudonymisierung (z.B. Sensor erfasst nur „Anzahl Personen im Raum“ statt einzelne Identitäten), klare Zweckbindung (z.B. Sensordaten nur zur Lüftungssteuerung, nicht zur Leistungskontrolle). Eine DSFA (Datenschutz-Folgenabschätzung) wird bei neuen Technologien wie Wearables oder Kameras durchgeführt. Zusätzlich greift ISO 27001 (Informationssicherheit), um die Verfügbarkeit und Sicherheit der Systeme zu gewährleisten. Schließlich sind klare Zugriffsrechte definiert: z.B. Gesundheitsdaten aus Vorsorgeuntersuchungen dürfen nur Betriebsarzt und betroffene Person sehen, nicht der Vorgesetzte.
Beispiele für digitale Tools:
Wearables: Etwa ein Alleinarbeiter-Notfallsystem (DGUV 112-139 fordert Schutz bei Alleinarbeit). Ein Wearable (Clip oder Armband) mit Totmannschaltung alarmiert, wenn keine Bewegung registriert wird oder manuell im Notfall. Dieses alarmiert den Wachdienst via Funk.
Digitale Gefährdungsbeurteilungs-App: Mitarbeiter können unterwegs per Tablet Gefährdungen bewerten, Fotos aufnehmen und direkt ins System laden.
Digitale Checklisten: z.B. für Stapler-Tageskontrolle, Feuerlöscher-Check – via QR-Code am Objekt einscannen, Fragen beantworten, fertig.
Dashboard und Berichte: Ein zentrales EHS-Dashboard zeigt aktuelle KPIs, offene Maßnahmen, heute fällige Prüfungen, etc. Filterbar nach Standort oder Abteilung. So hat die Leitung stets den Überblick.
Steuerung, Kennzahlen und Assurance- Wichtige Kennzahlen sind unter anderem:
LTIR (Lost Time Injury Rate): Anzahl Arbeitsunfälle mit Ausfall pro 1 Mio. Arbeitsstunden – Indikator für Arbeitssicherheit.
Schweregradindex: z.B. Anzahl Ausfalltage durch Unfälle pro 1.000 Arbeitsstunden oder pro Unfall – um Schwere der Verletzungen zu tracken.
Beinaheunfall-Quote: Verhältnis gemeldeter Near Misses zu echten Unfällen (eine hohe Quote zeigt gute Meldekultur an, was positiv ist).
Unterweisungsquote: Anteil der Mitarbeiter, die alle vorgeschriebenen Schulungen absolviert haben (soll 100% sein oder zielnah).
Prüfintervalle-Compliance: Anteil der fristgerecht durchgeführten Prüfungen und Wartungen – sollte ebenfalls ~100% liegen.
Maßnahmen-Erledigungsgrad: Wie viel Prozent der aus Audits/Unfällen abgeleiteten Maßnahmen sind fristgerecht umgesetzt?
Fremdfirmen-Compliance: z.B. Anteil der Fremdfirmen, die ohne Sicherheitsvorfall gearbeitet haben, oder Prozentsatz eingewiesener Fremdmitarbeiter.
IEQ-Index (Indoor Environmental Quality): Ein interner Index, der Faktoren wie Temperatur, Luftqualität, Lärm, Licht zusammenfasst, um den Komfort und Gesundheit am Arbeitsplatz zu messen.
Evakuierungszeit: Zeit, bis Gebäude geräumt bei Übung – soll definierte Ziele unterschreiten.
Diese Kennzahlen werden je Standort erhoben (um unternehmensinternes Benchmarking zu erlauben) und teilweise je Anlagentyp (z.B. unterschiedliche Unfallraten in Lager vs. Büro). In Management-Meetings (z.B. quartalsweise) werden Trends betrachtet: „Warum ist die Unfallrate in Werk 1 gestiegen? Welche Hauptursachen? Brauchen wir Fokusmaßnahme?“. Auch Zielwerte können gesetzt werden (z.B. Vision Zero – langfristig 0 Unfälle, kurzfristig <3 Unfälle/Jahr).
Dashboards: Die KPIs werden visuell aufbereitet. Ein Ampelsystem markiert, wo Handlungsbedarf ist (z.B. rot, wenn Prüfquote <90%). Führungskräfte erhalten regelmäßige Reports für ihre Bereiche. Transparenz sorgt hier auch für einen gewissen Wettbewerb um Sicherheit (niemand will der unsicherste Standort sein). Dabei wird betont, dass es um Verbesserung geht, nicht um Schuldzuweisung.
Audit und interne Kontrolle: Ein jährliches internes Auditprogramm nach ISO 45001/41001 wird durchgeführt. Interne Auditoren (geschult oder extern beauftragt) prüfen ausgewählte Prozesse und Bereiche: z.B. Audit „Gefährdungsbeurteilungen in Instandhaltung“ oder „Compliance der Fremdfirmensteuerung“. Sie sprechen Feststellungen (Non-Konformitäten, Beobachtungen) aus, die im System erfasst werden. Das Qualitätssicherungs-Team im FM (sofern vorhanden) oder EHS-Manager überwacht die Abarbeitung. Ergebnisse der Audits fließen in die Management-Bewertung ein, die mindestens einmal jährlich durch die oberste Leitung erfolgt.
Risikosteuerung: Zusätzlich zum Auditsystem etabliert das Konzept Safety Walks (Kurzbegehungen durch Management), Sicherheitsausschuss-Sitzungen (ASA) wie erwähnt, und Ereignisanalysen (schon unter Unfallmanagement beschrieben). All dies sind Feedback-Schleifen, die sicherstellen: Plan (Risiken ermitteln) – Do (Maßnahmen) – Check (Audit/KPI) – Act (Anpassungen) laufen kontinuierlich.
Eine besondere Form von Assurance ist das Rechtsmonitoring: Da Gesetzesänderungen häufig auftreten, wird ein Prozess definiert, wie neue oder geänderte Vorschriften identifiziert und implementiert werden. Z.B. über Abonnements (Bundesgesetzblatt, DGUV-Newsletter) bleibt der EHS-Manager informiert. Bei Änderungen (etwa novellierte BetrSichV) wird geprüft, ob das Unternehmen Compliance-Lücken hat und es werden To-Dos generiert (z.B. neue Prüffrist in System einpflegen, Mitarbeiter schulen zu geänderter Regel).
Eskalationsregeln: Werden Abweichungen festgestellt (etwa eine ungeplante Häufung von Unfällen), greift ein Eskalationsschema. Z.B.: Stufe 1: Bereichsleiter erarbeitet Maßnahmenplan; Stufe 2: Geschäftsführung einschalten, externer Experte konsultieren; Stufe 3: im schlimmsten Fall Produktion stoppen, falls akute Gefahr. Ähnlich bei systemischen Mängeln: Wenn etwa ein Audit grobe Mängel offenbart, wird in der nächsten Management-Sitzung priorisiert entschieden, ggf. Budget bereitgestellt um Problem zu beheben.
Wirtschaftlichkeit und Ressourcenplanung- Es werden Nutzenargumente und Planungen aufgezeigt:
Kosten-Nutzen von Prävention: Durch präventiven Arbeitsschutz sinken Unfallzahlen und damit Ausfalltage. Weniger Störungen und Unfälle steigern die Produktivität. Auch Versicherungsbeiträge (BG Umlagen) können durch geringere Unfalllast sinken. Zudem vermeidet man potenzielle Haftungsfälle und Bußgelder durch Compliance-Verstöße, die sehr teuer werden könnten. Das Konzept rechnet beispielhaft: Ein schwerer Unfall kann direkt und indirekt (Produktionsausfall, Ersatz, Image) Millionen kosten; demgegenüber stehen vergleichsweise geringe jährliche Aufwände für PSA, Schulung, etc. Es wird vorgeschlagen, sogenannte Return on Prevention-Kennzahlen zu ermitteln, wie sie die DGUV propagiert.
Ressourcenplanung: Um das Betriebskonzept umzusetzen, braucht es Personal und Budget: - Personal: Anzahl Sicherheitsingenieure/SiFa nach Betriebsgröße (DGUV V2 schreibt Betreuungszeiten vor, z.B. Grundbetreuung X Stunden + anlassbezogen). Für 3.000 MA ist in der Regel mindestens 1 Vollzeit-SiFa plus zusätzlicher Fachkraft oder externer Dienst vereinbart. Betriebsarzt ähnlich (ggf. Teilzeit oder über Arbeitsmedizinischen Dienst). Auch ein Brandschutzbeauftragter muss eingeplant sein (oft nebenberuflich durch FM-Mitarbeiter). In FM selbst werden ggf. neue Rollen nötig, z.B. ein FM-QM/EHS-Koordinator, der genau dieses System pflegt. - Budget: Das Konzept schlägt vor, ein eigenes Budget für EHS im FM auszuweisen. Darin: Kosten für Schulungen, PSA-Beschaffung, externe Beratung, Auditkosten, Software (CAFM & EHS-Module), Sensorik etc. Oft lassen sich Synergien erzielen – z.B. IoT-Sensorik kann gleichzeitig dem Energiemanagement dienen (CO₂-Sensor für Luftqualität und zur Optimierung der Lüftung).
Make or Buy: Im FM stellt sich immer die Frage, welche Leistungen intern erbracht werden und welche ausgelagert. Unter Sicherheitsaspekten: Kernkompetenzen, die sicherheitskritisch sind, bleiben besser im Haus, wo man volle Kontrolle hat. Beispiel: Wartung der eigenen Sicherheitsanlagen (Brandmeldeanlage, Sprinkler) könnte durch eigene Techniker erfolgen, um schnell reagieren zu können, während nicht-kritische Bereiche (Grünanlagenpflege, Reinigung) outgesourct werden können. Das Konzept hilft durch Entscheidungskriterien: Verfügbarkeit, Kosten, Risiko. Z.B. wenn Outsourcing, dann aber mit sehr klaren Verträgen (siehe Fremdfirmenmanagement).
Synergien zwischen FM und EHS: Ein integriertes System verhindert Doppelarbeit. Beispiel: Anstatt separate Begehungen zu haben, werden Kombibegehungen gemacht (FM prüft Anlagen, SiFa checkt Sicherheit – gemeinsam). Schulungen können kombiniert werden (z.B. Schulung „Sicherer Umgang mit Arbeitsmitteln“ deckt sowohl betriebssicheren Zustand als auch Arbeitssicherheit bei Bedienung ab). So werden Ressourcen effizienter eingesetzt.
Nachhaltigkeit und ESG: Arbeitssicherheit ist auch ein Thema in ESG (Environment, Social, Governance)-Ratings. Unternehmen, die hier gut aufgestellt sind, haben z.B. Vorteile bei Investoren. Das Konzept erwähnt dies als positiven Nebeneffekt – Investitionen in Arbeitsschutz zahlen auf die soziale Verantwortung ein und verbessern das Unternehmensimage (Employer Branding: sichere Arbeitsbedingungen ziehen Fachkräfte an).
Kostenkontrolle: Um sicher zu wirtschaften, werden Kennzahlen wie Kosten pro Mitarbeiter für Arbeitsschutz, Instandhaltungskostenquote etc. beobachtet. Es gilt, ein angemessenes Sicherheitsniveau zum optimalen Aufwand zu erreichen – nicht am falschen Ende sparen, aber auch keine „goldene Sicherheitskäfige“ bauen, die unnötig teuer sind. Durch Standardisierung (z.B. zentrale PSA-Beschaffung, standardisierte Schulungsmaterialien für alle Standorte) lassen sich Skaleneffekte nutzen.
In Summe argumentiert dieses Kapitel, dass das Betriebskonzept nicht nur die Einhaltung von Gesetzen ermöglicht, sondern auch ökonomisch sinnvoll ist. Die Investition in Prävention wird mit höherer Produktivität und Vermeidung von Störfällen zurückgezahlt. Das Konzept stellt Entscheidern dafür Daten und Beispiele bereit (z.B. ROI-Rechnung für ein automatisches Brandfrüherkennungssystem vs. Kosten eines Großbrands).
Implementierungsfahrplan- Daher wird eine schrittweise Implementierung empfohlen, begleitet von Change Management:
Phase 1 – Quick Wins: Zuerst werden Maßnahmen umgesetzt, die hohe Wirkung mit vertretbarem Aufwand haben. Beispiele: - Aktualisierung aller veralteten Gefährdungsbeurteilungen in Hochrisikobereichen (sofort risikomindernd). - Einführung einer einheitlichen Unterweisungssoftware oder eines E-Learning-Moduls „Sicher im Homeoffice“ (aktuell relevant, erhöht Reichweite der Unterweisung). - Aufstellen von Notfalltafeln mit wichtigsten Rufnummern an allen Standorten (sofortiger Nutzen im Ernstfall). - PSA-Sonderaktion: Überprüfung der Qualität aller Schutzhelme und Austausch abgelaufener Helme.
Diese Quick Wins schaffen Sichtbarkeit für das Programm und erhöhen die Akzeptanz, weil Mitarbeiter Verbesserungen direkt sehen (z.B. neue ergonomische Stühle geliefert, defibrillatoren installiert etc.).
Phase 2 – Pilotprojekt(e): Man wählt einen Musterstandort oder -bereich, um das integrierte System im Kleinen zu testen. Zum Beispiel: Im Hauptwerk wird die digitale IAQ-Überwachung pilotiert – einige Büros bekommen Sensoren, die Daten werden im Dashboard angezeigt, Prozesse zur Reaktion werden geübt. Oder man führt in einer Abteilung bereits ISO 45001 formal ein (inkl. Audit), um zu lernen, wo Lücken sind. Pilot kann auch ein neuer Prozess sein, etwa das Permit-to-Work-System erst in der Instandhaltung testen, bevor es überall verpflichtend wird.
Im Pilot werden Erfahrungen gesammelt und das Konzept feinjustiert. Es ist wichtig, aus der Pilotphase ehrlich zu evaluieren: Was hat funktioniert? Wo gab es Widerstände? Diese Learnings werden dokumentiert.
Phase 3 – Rollout & Skalierung: Nun wird das Konzept auf alle Standorte/Abläufe ausgedehnt. Das geschieht schrittweise, z.B. standortweise oder pro Thema. Dabei ist Koordination mit anderen Abteilungen essentiell: IT (für Software-Rollout, Infrastruktur für Sensoren), HR (für Schulungen, evtl. Anpassung von Stellenbeschreibungen), Betriebsrat (für Akzeptanz, Mitbestimmung bei Regelungen). Der Rollout-Plan (Anhang A11) enthält Meilensteine mit klaren Kriterien („Gateways“), die erfüllt sein müssen, bevor die nächste Stufe gezündet wird. Z.B.: „Alle Führungskräfte geschult im neuen EHS-System“ als Voraussetzung, bevor man Mitarbeitern neue Regeln abverlangt.
Kommunikation & Change: Ein begleitender Kommunikationsplan stellt sicher, dass die Mitarbeiter verstehen, warum die Änderungen geschehen. Führungskräfte werden als Multiplikatoren eingesetzt. Mögliche Maßnahmen: - Townhall-Meetings oder kurze Videos, in denen die Geschäftsführung das neue Arbeitsschutz-FM-Konzept vorstellt und Nutzen betont („Wir wollen, dass jeder abends gesund nach Hause geht – dafür dieses Programm“). - Newsletter oder Schwarzes-Brett-Infos mit „Wussten Sie schon?“-Fakten (z.B. Unfallstatistik, neue Regel kurz erläutert). - Ein Motto oder Slogan fürs Programm kann identitätsstiftend sein („Safety First 2025“ o.ä.).
Widerstände werden ernst genommen – z.B. wenn Mitarbeitende klagen über „mehr Papierkram“, zeigt man auf, wie digitale Lösungen erleichtern. Wenn Führungskräfte meinen „kostet zu viel Zeit“, rechnet man vor, wieviel Zeit ein Unfall kostet im Vergleich.
Training & Befähigung: Nicht nur Unterweisungen für Mitarbeiter, sondern auch spezielle Trainings für Schlüsselrollen werden durchgeführt: z.B. Workshop für Führungskräfte, wie sie ihre Verantwortung im Arbeitsschutz wahrnehmen (inkl. rechtliche Pflichten). Oder Schulung für alle, die Gefährdungsbeurteilungen durchführen – damit einheitliche Qualität. Vielleicht ein Blended Learning-Ansatz: E-Learning für Grundlagen + Praxis-Workshop.
Kontinuierliche Verbesserung: Nach vollständigem Rollout ist nicht Schluss – das System muss leben. Deshalb wird ein jährlicher Verbesserungsplan erstellt, der aus den Auditergebnissen, neuen Ideen, Änderungen der Rahmenbedingungen gespeist wird. Man könnte z.B. definieren: Jedes Jahr mindestens zwei Verbesserungsprojekte im Bereich EHS, wie z.B. „2026: Einführung von Exoskeletten zur Entlastung in der Logistik“ oder „2027: Green Building Zertifizierung inklusive Health&Wellbeing Kriterien“. So entwickelt sich das Konzept mit der Zeit weiter.
Fallbeispiele aus der Praxis- Um das abstrakte Konzept greifbar zu machen, enthält die Habilitation mehrere Fallstudien bzw. narrative Beispiele, die typische Situationen schildern:
Fall 1: „Heißarbeiten in der Montagehalle“ – Ein Schlosser einer Fremdfirma muss in einer Lagerhalle Rohrleitungen schweißen. Das Beispiel zeigt den Ablauf: Zunächst füllt er mit dem zuständigen Meister das Heißarbeits-Permit (Anhang A4) aus. Darin werden Gefahren identifiziert (Feuer, Rauchmelder können Alarm auslösen, Höhenarbeit auf Hebebühne), Maßnahmen festgelegt (Bereich 5 m Radius leerräumen, Feuerwache mit zweitem Mitarbeiter, Schweißer-Pass und Befähigung geprüft, Feuerlöscher bereit). Die FM-Leitung und Brandschutzbeauftragte prüfen und unterzeichnen die Erlaubnis. Während des Schweißens kommt die SiFa auf Stippvisite vorbei, alles in Ordnung. Nach Ende kontrolliert der Schlosser und Meister die Schweißstelle 30 min auf Glutnester, löscht einmal nach. Das Permit wird geschlossen und archiviert. Lerneffekt: Standardisierte Freigabe verhindert, dass an wichtige Maßnahmen (z.B. Rauchmelder zuvor deaktivieren und hinterher wieder aktivieren) gedacht wird.
Fall 2: „LOTO beim Tausch eines Frequenzumrichters“ – Eigene Instandhaltungskräfte müssen in einer Produktionsanlage einen defekten FU ersetzen. Vorgehen: Der Elektromeister erstellt schriftlich eine Arbeitsfreigabe mit LOTO-Liste. Er identifiziert alle Energiequellen: Stromzufuhr, Hydraulikdruck im System. Er schaltet ab, hängt sein Schloss an den Hauptschalterkasten. Zusätzlich hängt er ein Warnschild „Nicht einschalten – Arbeit läuft“. Ein Mechaniker entlädt hydraulischen Druck und bringt Ventilsperren an. Der FU wird getauscht. Vor Wiedereinschalten prüfen sie gemeinsam, ob alle Werkzeuge entfernt und alle Personen aus dem Gefahrenbereich sind. Dann werden Schlösser entfernt, Anlage schrittweise hochgefahren. Lerneffekt: Ohne LOTO hätte jemand anders versehentlich einschalten können mit fatalen Folgen – hier zeigt sich, wie das Verfahren schützt.
Fall 3: „Contractor im Reinraum“ – In einem pharmazeutischen Betriebsteil gibt es Reinräume mit strengen Hygiene- und Sicherheitsregeln. Ein externer Techniker wird für die Wartung der Lüftungsanlage benötigt. Das Beispiel schildert: Der Dienstleister musste vorab Eignung nachweisen (er hat GMP-Erfahrung und Schulungen in Hygiene). Bei Ankunft durchläuft er eine Sicherheits- und Hygieneunterweisung, bekommt sterile Schutzkleidung. Er darf nur in Begleitung des Anlagenverantwortlichen arbeiten. Während der Arbeit stellt der FM-Betreuer fest, dass der Techniker einmal seine Maske abnimmt – ein Verstoß. Er spricht ihn direkt an und dokumentiert den Vorfall. Nach Abschluss wird die Fläche desinfiziert. Die Bewertung des Contractors ergibt: Er hat zwar Arbeit gut erledigt, aber Hygieneprotokoll verletzt – nächstes Mal ggf. anderen Dienstleister wählen. Lerneffekt: Auch fachkundige Externe müssen sich strikt an Regeln halten, und die Überwachung ist nötig.
Fall 4: „IAQ-Überwachung im Open-Space-Büro“ – In einem modernisierten Bürogebäude wurde ein Sensor-System installiert, um CO₂ und Temperatur zu messen. Die Fallstudie zeigt: Am Nachmittag steigt CO₂ auf 1200 ppm, die Ampel wird „gelb“. Mitarbeiter bemerken es; gleichzeitig bekommt der Haustechniker eine Nachricht aufs Tablet. Er prüft: Lüftungsanlage läuft bereits auf 100%. Er entscheidet sich, ein Fensterkontingent zu öffnen (die Fenster sind entriegelbar). Nach 5 Min sinkt CO₂. Später analysiert er mit dem Digital Twin: Das Büro ist dauerhaft überbelegt (Meeting im Open Space); er empfiehlt der Führungskraft, dafür lieber den Konferenzraum zu nutzen. Lerneffekt: Digitales Monitoring hilft Komfort und indirekt Gesundheit (Vermeidung von Kopfschmerz, Ermüdung durch hohe CO₂) zu verbessern und offenbart Nutzungsprobleme.
Fall 5: „Man-Down-Alarm im Alleinarbeitsbereich“ – In einem weitläufigen Lager arbeitet nachts ein Mitarbeiter allein. Er trägt ein kleines Wearable am Gürtel. Gegen 2 Uhr schlägt das Gerät Alarm: Keine Bewegung seit 5 Minuten, und Erschütterung detektiert (er könnte gestürzt sein). Automatisch geht ein Ruf an die ständig besetzte Leitstelle. Der Sicherheitsdienst folgt dem im System hinterlegten Standort und findet den Mitarbeiter gestürzt von einer Leiter, bewusstlos aber lebend. Rettungsdienst gerufen, Mitarbeiter hat nur Gehirnerschütterung. Lerneffekt: Ohne das System hätte ihn niemand gefunden bis zum Morgen – hier rettete Technologie womöglich Leben oder zumindest schwere Folgeschäden. Nachfall: Untersuchung ergab, er stieg ungesichert auf Regal – Schulungen werden verstärkt.
Fall 6: „Notfallübung und Alarmplan“ – Einmal im Jahr wird ein komplexes Szenario geübt: z.B. ein simulierter Chemieunfall im Labor mit Verletzten und Entstehungsbrand. Die Fallbeschreibung zeigt: Nach Auslösung des Alarms läuft der Notfallplan A7 ab. Evakuierung klappt, aber es zeigen sich Mängel (Chaos bei der Bereitstellung von Löschmitteln, Kommunikationslücken mit Feuerwehr). Diese werden im Anschluss in einer Besprechung aufgearbeitet. Lerneffekt: Übungen sind essentiell, um Pläne zu testen. Der Alarmplan wird angepasst (klarere Aufgabenverteilung, zusätzliche Löschdecke im Labor etc.). Mitarbeiterfeedback wird eingeholt („Alarm war zu leise im Ostflügel“) und im Verbesserungsplan festgehalten.
Diese Beispiele illustrieren praxisnah, wie das Betriebskonzept im Alltag funktioniert. Sie dienen zugleich als Schulungsmaterial – Mitarbeiter verstehen an konkreten Geschichten besser als an trockenen Vorschriften, was von ihnen erwartet wird. In der Habilitation könnten solche Narrative in Boxen oder Kursivschrift hervorgehoben sein, um den Lesefluss der Theorie mit lebendigen Einblicken zu bereichern.
Risiken und Lessons Learned bei der Umsetzung- In diesem Kapitel werden mögliche Risiken, Stolpersteine und Gegenmaßnahmen reflektiert, basierend auf Erfahrungen aus der Praxis:
Unklare Verantwortlichkeiten: Wenn Rollen nicht sauber geklärt sind, besteht die Gefahr von Lücken (jeder denkt der andere macht es) oder Konflikten (zwei fühlen sich zuständig und behindern sich). Maßnahme: RACI-Matrix strikt einhalten, Verantwortliche schriftlich bestellen (z.B. „Herr X wird hiermit zum Brandschutzbeauftragten ernannt und berichtet an…“). Regelmäßige Abstimmungstreffen zwischen Überschneidungsbereichen (FM, SiFa, Produktion) verhindern Silodenken.
Kulturelle Barrieren: Sicherheitskultur braucht Zeit. Manche Mitarbeiter oder Führungskräfte könnten nach dem Motto „Das haben wir immer so gemacht, ist nie was passiert“ agieren. Oder sie sehen Arbeitsschutz als lästige Bürokratie. Maßnahme: Change Management – Erfolgsgeschichten erzählen (z.B. Fallbeispiele, was hätte passieren können ohne Maßnahme), positive Verstärkung (Bereich mit besten Sicherheitszahlen loben, kleinen Preis verleihen), Führungsvorbild (wenn der Chef die PSA nicht trägt, tun Mitarbeiter es auch nicht – also Chefs in Pflicht nehmen). Einbeziehung des Betriebsrats hilft oft, Akzeptanz bei Mitarbeitern zu schaffen.
Daten- und Systeminseln: Wenn digitale Lösungen nicht gut integriert sind, drohen Datensilos. Z.B. hat HR eine eigene Unterweisungssoftware getrennt vom FM-System, dadurch Doppelerfassung und evtl. Inkompatibilität. Maßnahme: Bereits bei Planung der IT-Architektur alle Stakeholder ins Boot holen, nach Möglichkeit integrierte Plattformen nutzen. Wenn Spezialsoftware nötig, auf Schnittstellen achten. Langfristig evtl. auf eine gemeinsame Datenbasis (z.B. ein Data Lake oder Data Warehouse) setzen.
Überfrachtung und Komplexität: Ein Risiko ist, das System zu kompliziert zu machen – dann wird es am Shopfloor umgangen. Z.B. wenn das Permit-System zu bürokratisch ist (5 Unterschriften für kleinste Arbeit), wird in der Praxis evtl. „einfach gemacht ohne Permit“. Maßnahme: Die Prozesse schlank halten, risikobasiert: wirklich nur riskante Arbeiten mit großem Permit-Aufwand belegen, für Kleinigkeiten vereinfachte Verfahren bieten. Nutzerfeedback einholen und Prozesse anpassen, damit sie praktikabel bleiben.
Rechtliche Risiken bei Nicht-Einhaltung: Sollte trotz System mal etwas versäumt werden (z.B. eine überfällige Prüfung) und es passiert etwas, drohen erhebliche Konsequenzen (Behörden, ggf. strafrechtlich bei Fahrlässigkeit). Das Konzept mindert diese durch das Compliance-System, aber Restgefahr bleibt menschliches Versagen. Maßnahme: Redundanzen einbauen (z.B. neben digitaler Erinnerung auch Verantwortlichen namentlich benennen, Vier-Augen-Prinzip bei kritischen Dingen), regelmäßige Schulung der Führungskräfte zu ihren Pflichten (viele sind sich Pflichten gar nicht voll bewusst).
KI- und Digitalisierungsrisiken: Fehlalarme (z.B. Sensor defekt meldet ständig Gasalarm -> Mitarbeiter stumpfen ab) oder Bias bei KI (z.B. PPE-Detektion funktioniert bei gelben Helmen, aber rote werden falsch erkannt -> manche werden unfair getadelt). Maßnahme: Systeme sorgfältig testen, nie blind auf KI verlassen, sondern immer Korrekturmöglichkeiten vorsehen. Auch Cybersecurity: Vernetzte Sensoren dürfen kein Einfallstor für Hacker sein (Stichwort Sabotage). Daher IT-Sicherheitsaudits auch auf FM-Systeme erweitern.
Notfall vs. Betriebsamkeit: In Krisen zeigt sich oft, ob das System trägt. Das Risiko ist, dass im Notfall Chaos ausbricht trotz aller Pläne (weil Menschen in Panik anders reagieren). Maßnahme: Übungen und noch mehr Übungen, aus verschiedenen Lagen, um Menschen zu gewöhnen. Und: Pläne so einfach und klar wie möglich (Checklisten statt Fließtext, Aufgaben nach Rolle verteilt, keine Person überfrachten).
Aus vergangenen Implementierungen (Lessons Learned) weiß man z.B., dass Top-Management-Commitment absolut entscheidend ist. Wo die Chefetage Arbeitsschutz als Nebensache abtut, werden auch die besten Konzepte verpuffen. Das muss von Anfang an gesichert sein – im Zweifel auch mal unbequeme Wahrheiten platzieren: „Wenn wir das nicht machen, riskieren wir Menschenleben und Haftstrafen“, um Priorität zu bekommen.
Zusammengefasst dient dieses Kapitel dazu, präventiv mögliche Probleme anzusprechen und Lösungen bereitzustellen. Denn ein Habilitationskonzept soll nicht nur idealtypisch planen, sondern auch die Realitäten und Hindernisse berücksichtigen und Wege aufzeigen, sie zu überwinden.
