Arbeitnehmerüberlassung im Baugewerbe
Facility Management: Arbeitsschutz » Strategie » Baustellen » Arbeitnehmerüberlassung
AÜG-konforme Arbeitsbedingungen für Sicherheit und Transparenz auf Baustellen
Arbeitnehmerüberlassung nach § 1 AÜG
Der § 1 AÜG legt den rechtlichen Rahmen für die Arbeitnehmerüberlassung fest. Grundsätzlich ist die Überlassung von Arbeitnehmern an Dritte eine erlaubnispflichtige Tätigkeit, bei der das verleihende Unternehmen (Verleiher) seine Arbeitnehmer einem anderen Unternehmen (Entleiher) zur Verfügung stellt. Der Arbeitnehmer wird in diesem Fall in die Arbeitsorganisation des Entleihers eingegliedert und unterliegt dessen Weisungen. Diese Rechtskonstellation wird auch als „Leiharbeit“ bezeichnet und ist in vielen Branchen gängige Praxis, um Personalengpässe zu überbrücken oder spezifische Fachkräfte für zeitlich begrenzte Projekte bereitzustellen.
Wichtige Merkmale der Arbeitnehmerüberlassung:
Erlaubnispflicht: Unternehmen, die Arbeitnehmerüberlassung betreiben, benötigen eine offizielle Erlaubnis der Bundesagentur für Arbeit. Diese Erlaubnis gewährleistet, dass der Verleiher bestimmte arbeitsrechtliche und sozialversicherungsrechtliche Vorgaben einhält.
Eingliederung in die Arbeitsorganisation: Der entliehene Arbeitnehmer wird in die Arbeitsabläufe des Entleihers integriert und folgt dessen Anweisungen. Der Verleiher bleibt jedoch weiterhin der rechtliche Arbeitgeber des Leiharbeitnehmers, was bedeutet, dass der Verleiher für die Gehaltszahlungen, die Sozialversicherungsbeiträge und andere Arbeitgeberpflichten verantwortlich bleibt.
Vertragsverhältnisse: Es bestehen zwei separate Vertragsverhältnisse. Einerseits besteht zwischen dem Leiharbeitnehmer und dem Verleiher ein Arbeitsverhältnis, andererseits gibt es zwischen dem Verleiher und dem Entleiher einen Arbeitnehmerüberlassungsvertrag, in dem die Bedingungen der Überlassung geregelt sind.
Besondere Bedeutung im Baugewerbe
Im Baugewerbe ist die Arbeitnehmerüberlassung besonders sensibel, da diese Branche in vielerlei Hinsicht auf tarifliche Schutzmechanismen und spezifische Arbeitsbedingungen angewiesen ist. Arbeitskräfte im Baugewerbe sind häufig hohen physischen Belastungen und Gefährdungen ausgesetzt, weshalb es in dieser Branche besondere Regelungen gibt, um den Missbrauch von Leiharbeit zu verhindern. Arbeitnehmerüberlassung wird hier nicht nur als Mittel zur Überbrückung von Personalengpässen genutzt, sondern auch als Möglichkeit, temporär Fachkräfte für spezialisierte Bauprojekte bereitzustellen. Da Bauprojekte in der Regel stark von Sicherheitsvorkehrungen, tariflichen Vorgaben und spezifischen Schutzmaßnahmen abhängen, ist es von besonderer Bedeutung, die Leiharbeit im Baugewerbe streng zu regulieren.
Einschränkungen im Baugewerbe nach § 1b AÜG
Der § 1b AÜG regelt die besonderen Einschränkungen der Arbeitnehmerüberlassung im Baugewerbe. Diese Vorschrift begrenzt die Überlassung von Arbeitnehmern im Baugewerbe auf bestimmte Fälle und setzt strenge Vorgaben für den Personaleinsatz in dieser Branche.
Arbeitnehmerüberlassung im Baugewerbe ist nur zwischen Betrieben zulässig, die selbst dem Baugewerbe angehören. Das bedeutet, dass ein Bauunternehmen nur Arbeitnehmer von einem anderen Bauunternehmen leihen darf. Ziel dieser Regelung ist es, zu verhindern, dass Unternehmen aus anderen Branchen, die möglicherweise geringere Arbeitsschutz- oder Tarifstandards haben, Arbeitnehmer in Bauprojekten einsetzen.
Die Überlassung darf nur innerhalb der fünf definierten Bautarifbereiche stattfinden:
Baugewerbe: Dies umfasst Bauprojekte wie Hochbau, Tiefbau und Straßenbau. Betriebe, die in diesen Bereichen tätig sind, dürfen untereinander Arbeitnehmer verleihen.
Abbruchgewerbe: Der Abbruch von Gebäuden und Bauwerken, einschließlich der dazugehörigen Vorbereitungsarbeiten, fällt unter diesen Bereich.
Gerüstbauhandwerk: Gerüstbauer sind für die Errichtung von Gerüsten und anderen temporären Strukturen zuständig, die für Bauarbeiten in der Höhe notwendig sind.
Dachdeckerhandwerk: Betriebe, die sich auf die Konstruktion, Instandhaltung und Reparatur von Dächern spezialisieren, fallen unter das Dachdeckerhandwerk.
Garten- und Landschaftsbau: Dieser Bereich umfasst Betriebe, die sich mit der Planung und Gestaltung von Außenanlagen, Gärten und Landschaften beschäftigen.
Zweck der Einschränkungen
Die Einschränkungen gemäß § 1b AÜG sollen sicherstellen, dass die tariflichen Regelungen und der Arbeitsschutz im Baugewerbe eingehalten werden. Da im Baugewerbe häufig strenge tarifliche Vorschriften gelten, ist es unerlässlich, dass die Leiharbeitnehmer denselben Schutz genießen wie die festangestellten Bauarbeiter. Indem die Überlassung auf Betriebe innerhalb der definierten Bautarifbereiche beschränkt wird, wird verhindert, dass Unternehmen aus anderen Branchen günstigere Arbeitskräfte einsetzen, die nicht denselben tariflichen und arbeitsrechtlichen Standards unterliegen.
Vermeidung von Missbrauch
Ohne diese Beschränkungen könnten Unternehmen aus Branchen mit weniger strengen Arbeitsschutzvorgaben Bauarbeiter zu niedrigeren Löhnen einsetzen, was sowohl den Wettbewerb verzerren als auch die Arbeitsbedingungen der Bauarbeiter verschlechtern würde.
Schutz vor Lohndumping
Bauarbeiten sind oft körperlich anstrengend und gefährlich, weshalb tarifliche Regelungen und einheitliche Lohnstandards von entscheidender Bedeutung sind. Durch die Beschränkung auf tarifgebundene Bautarifbereiche wird verhindert, dass Arbeitnehmer zu niedrigeren Löhnen und schlechteren Bedingungen beschäftigt werden.
Auswirkungen:
Erlaubnispflicht: Jedes Unternehmen, das Arbeitnehmerüberlassung im Baugewerbe betreibt, benötigt eine entsprechende Erlaubnis von der Bundesagentur für Arbeit. Ohne diese Erlaubnis ist der Einsatz von Leiharbeitnehmern rechtswidrig und kann zu erheblichen Sanktionen führen.
Einhaltung der Bautarifverträge: Unternehmen müssen sicherstellen, dass die Leiharbeitnehmer denselben tariflichen Bedingungen unterliegen wie die festangestellten Mitarbeiter. Das betrifft insbesondere Löhne, Arbeitszeiten, Urlaub und andere arbeitsrechtliche Schutzvorschriften.
Kontrolle der Einhaltung der Sicherheitsvorschriften: Da Leiharbeitnehmer den gleichen Gefahren auf der Baustelle ausgesetzt sind wie reguläre Mitarbeiter, sind Arbeitsschutzexperten dafür verantwortlich, sicherzustellen, dass auch für diese Arbeitnehmer alle vorgeschriebenen Schutzmaßnahmen und Sicherheitsstandards eingehalten werden. Dies umfasst die Bereitstellung von persönlicher Schutzausrüstung (PSA), regelmäßige Unterweisungen und die Kontrolle der Arbeitsbedingungen.
Gefährdungsbeurteilung:Vor dem Einsatz von Leiharbeitnehmern muss eine Gefährdungsbeurteilung durchgeführt werden, die die spezifischen Risiken der Baustelle berücksichtigt. Insbesondere muss überprüft werden, ob die Leiharbeiter über die notwendigen Qualifikationen und Schulungen verfügen, um sicher arbeiten zu können.
Sicherheitsunterweisungen: Leiharbeitnehmer müssen in die bestehenden Arbeitsschutzsysteme des Unternehmens eingebunden werden. Dies bedeutet, dass sie dieselben Sicherheitsunterweisungen wie festangestellte Mitarbeiter durchlaufen müssen, um sicherzustellen, dass sie über die Gefahren und die Schutzmaßnahmen am Arbeitsplatz informiert sind.
Kontrolle und Dokumentation: Arbeitsschutzexperten müssen die Einhaltung der Arbeitsschutzvorschriften auf der Baustelle überwachen und sicherstellen, dass alle Mitarbeiter – einschließlich der Leiharbeitnehmer – die geltenden Sicherheitsregeln einhalten. Die Dokumentation dieser Maßnahmen ist unerlässlich, um im Falle eines Unfalls nachweisen zu können, dass alle erforderlichen Schutzvorkehrungen getroffen wurden.