Die Gefährdungsbeurteilung (GFB) ist nicht nur auf physische Arbeitsplätze oder technische Arbeitsmittel beschränkt, sondern umfasst auch die Bewertung von Geschäftsprozessen. Diese Prozesse, die oft eine Vielzahl von Tätigkeiten, Abläufen und organisatorischen Strukturen betreffen, können erhebliche Risiken für Sicherheit, Gesundheit und Effizienz bergen. Ziel einer GFB im Kontext von Geschäftsprozessen ist es, potenzielle Gefährdungen in den Abläufen zu identifizieren und durch geeignete Maßnahmen die Sicherheit und Qualität der Prozesse zu gewährleisten. Sie hilft nicht nur, die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten zu gewährleisten, sondern optimiert auch die Effizienz und Qualität der Prozesse. Durch einen strukturierten Ansatz, die Einbindung aller relevanten Akteure und den Einsatz geeigneter Werkzeuge wird die Prozess-GFB zu einem zentralen Baustein eines erfolgreichen Arbeitsschutz- und Prozessmanagementsystems.
Bedeutung der Gefährdungsbeurteilung für Geschäftsprozesse
Arbeitsüberlastung: Mitarbeiter können durch fehlerhafte Prozessgestaltung überfordert werden.
Kommunikationsprobleme: Fehlende oder unklare Prozessschnittstellen erhöhen die Fehleranfälligkeit.
Fehlerhafte Abläufe: Unklare Verantwortlichkeiten oder inkonsistente Prozessschritte führen zu Sicherheitsrisiken.
IT-Abhängigkeiten: Unsichere digitale Prozesse oder fehlende Schutzmaßnahmen für sensible Daten bergen Cyberrisiken.
Die Gefährdungsbeurteilung mit Schwerpunkt auf Geschäftsprozessen hilft, diese Schwachstellen zu identifizieren und gezielt zu beheben.
Schritte der Gefährdungsbeurteilung mit Fokus auf Geschäftsprozesse
Die Gefährdungsbeurteilung von Geschäftsprozessen folgt einem systematischen Ablauf, der speziell auf organisatorische und prozessuale Gefährdungen ausgerichtet ist.
Analyse der Geschäftsprozesse
Ziel: Verständnis der betroffenen Prozesse, deren Ziele und Auswirkungen auf Mitarbeitende und Organisation.
Vorgehen:Erstellung einer Prozesslandkarte, um alle relevanten Geschäftsprozesse zu identifizieren.
Berücksichtigung der Prozessschritte, Schnittstellen und eingesetzten Ressourcen (z. B. IT-Systeme, Personal, Arbeitsmittel).
Differenzierung nach Kernprozessen, unterstützenden Prozessen und Managementprozessen.
Identifikation von Gefährdungen
Ziel: Erkennen potenzieller Risiken innerhalb der Prozessgestaltung und -ausführung.
Mögliche Gefährdungen:
Organisatorische Gefährdungen:Unklare Verantwortlichkeiten oder Rollen im Prozess.
Fehlende oder unzureichende Abstimmungsmechanismen zwischen Abteilungen.
Psychosoziale Gefährdungen:
Arbeitsverdichtung durch ineffiziente Prozesse.
Konflikte durch widersprüchliche Anweisungen oder Ziele.
Technologische Gefährdungen:
Prozessabhängigkeit von IT-Systemen ohne ausreichende Sicherheitsvorkehrungen.
Fehlende Backups oder Notfallpläne bei Systemausfällen.
Qualitäts- und Sicherheitsrisiken:
Mangelnde Kontrolle in kritischen Prozessschritten.
Fehleranfälligkeit durch fehlende Standardisierung oder Schulung.
Bewertung der Gefährdungen
Ziel: Priorisierung der Risiken nach Relevanz und Schweregrad.
Vorgehen:Bewertung der Wahrscheinlichkeit des Auftretens und der möglichen Auswirkungen auf Mitarbeitende und Betrieb.
Einsatz von Risikomatrizen oder FMEA (Fehlermöglichkeits- und Einflussanalyse) zur systematischen Bewertung.
Entwicklung von Schutzmaßnahmen
Ziel: Minimierung oder Beseitigung der identifizierten Gefährdungen.
Maßnahmenarten:
Organisatorische Maßnahmen:Einführung klarer Prozessbeschreibungen und Dokumentationen.
Etablierung eines Prozessmanagement-Teams zur kontinuierlichen Überwachung.
Schulungsmaßnahmen:
Regelmäßige Trainings zu neuen oder veränderten Prozessen.
Sensibilisierung der Mitarbeitenden für Sicherheitsrisiken in Prozessen.
Technische Maßnahmen:
Einsatz von Prozessautomatisierung, um Fehleranfälligkeit zu reduzieren.
Einführung sicherer IT-Systeme und regelmäßiger Updates.
Kommunikationsmaßnahmen:
Verbesserung der Schnittstellenkommunikation durch Standardberichte oder digitale Tools.
Regelmäßige Meetings zur Abstimmung zwischen Abteilungen.
Umsetzung und Kontrolle der Maßnahmen
Ziel: Sicherstellen, dass die entwickelten Maßnahmen wirksam und nachhaltig umgesetzt werden.
Vorgehen:Zuweisung von Verantwortlichkeiten für die Maßnahmenumsetzung.
Einsatz von Monitoring-Systemen zur Überwachung der Maßnahmen.
Regelmäßige Feedback-Schleifen mit Mitarbeitenden, die die Prozesse ausführen.
Dokumentation
Ziel: Transparenz und Nachvollziehbarkeit der GFB.
Inhalte der Dokumentation:Beschreibung des betrachteten Prozesses.
Identifizierte Gefährdungen und Risiken.
Geplante Maßnahmen und Verantwortlichkeiten.
Fristen und Ergebnisse der Maßnahmenumsetzung.
Überprüfung und Aktualisierung
Ziel: Sicherstellen, dass die Gefährdungsbeurteilung an Veränderungen angepasst wird.
Anlässe zur Überprüfung:Einführung neuer Prozesse oder Änderungen bestehender Prozesse.
Auftreten von Prozessfehlern, Unfällen oder Beschwerden.
Gesetzliche oder normative Änderungen.
Geschäftsführung
Trägt die Gesamtverantwortung für die Durchführung der GFB.
Entscheidet über strategische Maßnahmen und Ressourcen.
Prozessverantwortliche
Zuständig für die Analyse und Optimierung der zugewiesenen Prozesse.
Treibt die Umsetzung der Maßnahmen voran.
Fachkräfte für Arbeitssicherheit
Beraten bei der Identifikation und Bewertung prozessbezogener Gefährdungen.
Unterstützen bei der Entwicklung sicherer Prozessstandards.
Mitarbeitende
Geben praxisbezogene Rückmeldungen zu Problemen und Risiken im Prozess.
Tragen zur Überprüfung der Maßnahmenwirksamkeit bei.
IT-Spezialisten
Bewerten technologische Risiken in digitalen Prozessen.
Entwickeln Lösungen zur Sicherung prozessrelevanter Daten und Systeme.
Werkzeuge zur Prozess-GFB
Prozessanalysesoftware:Tools wie BPMN (Business Process Model and Notation) zur Modellierung und Analyse von Prozessen.
Risikobewertungstools:FMEA oder HAZOP (Hazard and Operability Analysis) zur strukturierten Identifikation und Bewertung von Risiken.
Checklisten: Standardisierte Vorlagen zur Identifikation von Gefährdungen in spezifischen Prozessen.
Digitale Monitoring-Systeme:Systeme zur Überwachung und Dokumentation von Prozesskennzahlen und Maßnahmen.
Vorteile der Gefährdungsbeurteilung von Geschäftsprozessen
Erhöhung der Effizienz:Identifikation und Beseitigung von Schwachstellen reduziert Verschwendung und Zeitverluste.
Verbesserung der Sicherheit:Reduktion von Risiken und Vermeidung von Arbeitsunfällen oder Prozessausfällen.
Förderung der Mitarbeiterzufriedenheit:Klare Prozesse und reduzierte Belastungen schaffen ein positives Arbeitsumfeld.
Rechtssicherheit:Einhaltung gesetzlicher Vorgaben und Vermeidung von Haftungsrisiken.
Nachhaltigkeit:Optimierte Prozesse tragen zu langfristigem Unternehmenserfolg bei.